Die Tugend der Tapferkeit

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Nachdem wir einen Einblick in das Wesen der existenziellen Umkehr bekommen und gesehen haben, daß wir eine Veränderungsbereitschaft brauchen, um den Weg der Heiligkeit beschreiten zu können und so auf die Liebe Christi die rechte Antwort zu geben, werfen wir heute einen Blick auf die Tugenden!

Wir kennen die sog. Kardinaltugenden: die Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und das Maß!

Wenn wir den Weg der Heiligkeit beschreiten wollen, dann ist die Einübung aller Tugenden wichtig! Heute betrachten wir insbesondere die Tapferkeit, denn der Weg der Nachfolge kann uns manchmal auch erschrecken, besonders dann, wenn unsere Seele noch am Anfang des Weges steht! Zwar trägt uns die Gnade Gottes und schenkt uns nicht selten einen Anfangseifer, doch der Weg kann lange werden, und der Erwerb der Tugend der Tapferkeit wird uns helfen, all die Abschnitte auf diesem Weg mit der Hilfe Gottes zu bewältigen!

Der heilige Johannes vom Kreuz berichtet, daß, wenn wir uns entschlossen haben, den Weg der Vollkommenheit ernsthaft zu gehen, uns dann der Teufel auf alle mögliche Art Ängste einjagt, um zu verhindern, daß wir voranschreiten und unser Vorhaben umsetzen! Er kann dabei die verschiedensten Hilfsmittel verwenden bis dahin, daß sogar Heiligengeschichten, welche von den erduldeten Qualen der Heiligen berichten, eine abschreckende Wirkung für die Seele bekommen können! Nicht selten wird in solchen Schilderungen nämlich versäumt zu sagen, daß Gott all die Gnaden schenkt, um einen solchen Weg, wenn er für manche Menschen vorgesehen ist, auch gehen zu können!

Die Tapferkeit steht nicht für sich allein, sondern sie ist verbunden mit den anderen Tugenden! Sie ist in Bezug auf den Weg der Nachfolge des Herrn nicht nur eine Erprobung und Formung  unserer Widerstandskraft, sondern hat eine klare Richtung: Wir sollen die Wege des Herrn nie verlassen und bei all den Kämpfen und Schwierigkeiten, die auf uns zukommen mögen, standhalten! „Sei treu bis in den Tod, dann werde ich dir den Kranz des Lebens geben“ (Apk 2,10b).

Die Tugend des Starkmuts wird uns in der Taufe eingegossen, und wir können sie mit unserem Willen einüben, sie uns also aneignen, so daß sie mit der Zeit zu uns gehört.

Je mehr wir den Herrn lieben, desto mehr wächst auch die Tapferkeit, um seinetwillen Nachteile zu erdulden! Das wird verständlich, wenn wir z.B. an eine große, echte und glühende Liebe zwischen zwei Menschen denken! Sie werden all die Schwierigkeiten überwinden, die ihrer Liebe im Weg stehen und gerade darin wird diese Liebe gefestigt! Es wächst der Mut zur Leidensbereitschaft!

Tapferkeit bedeutet nicht, angstfrei zu sein, also sie ist nicht das Ideal des furchtlosen Menschen, welches uns in verklärten Heldengeschichten vermittelt wird! Auch der ängstliche Mensch kann durch die Gnade tapfer werden, denn die Fähigkeit dazu ist ihm von Gott geschenkt worden! Allerdings muß er sie einüben und sie sich auf diesem Weg erwerben! Wir können nicht einfach die fühlbare Angst verhindern, die uns – ohne daß wir etwas dazu tun – überfällt, aber wir können Akte setzen, damit sie uns nicht lähmt und an der Ausführung dessen hindert, was uns zu tun aufgetragen ist.

Das sollen wir allerdings tun, und auf diesem Weg üben wir uns in die Tapferkeit ein! Wir verhandeln auch nicht mit der Angst, sondern mit Gottes Gnade überwinden wir sie, und wenn wir es mit klopfendem Herzen und schweißgebadeten Händen tun!

Deshalb sollten wir auch nicht den Schwierigkeiten grundsätzlich ausweichen und vor ihnen flüchten! Die Tugend der Klugheit wird uns lehren, wann es angebracht ist, den Kampf aufzunehmen und wann es besser ist, die Situation anders zu bewältigen! Doch sollte dies nicht von der Ängstlichkeit bestimmt sein! Die Tapferkeit kommt uns zu Hilfe, die zu einer grundsätzlichen Haltung wird, alles, was auf uns zukommt, im Herrn zu bewältigen und das zu  tun, was Gott wohlgefällig ist, auch wenn dies Anstrengungen und Mühsal bedeutet!

Wenn unser geistlicher Weg intensiver wird, dann brauchen wir auch die Tapferkeit, um all die inneren Prozesse der Umwandlung gut im Herrn zu bewältigen! Wir können dabei immer fest auf ihn vertrauen und unsere Liebe täglich vertiefen!

Mit der Tapferkeit, die wir als Tugend erwerben, verherrlichen wir den Herrn! Wenn wir z.B. um seinetwillen die Mühen des Apostolates auf uns nehmen, wenn wir im täglichen Leben mit dem Blick auf ihn die Schwierigkeiten unserer menschlichen Natur ertragen und versuchen, sie zu überwinden, wenn wir Krankheiten um seinetwillen tapfer durchstehen und vieles mehr, dann zeigen wir dem Herrn damit unsere Liebe! Und Gott in seiner nie zu übertreffenden Weisheit stärkt uns auf diese Weise innerlich, damit wir den Kampf, der jedem aufgetragen ist, welcher dem Herrn nachfolgt, auch bestehen!