Betrachtungen zum Heiligen Geist (12/14): DIE BESCHEIDENHEIT

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Welche Zier, o Heiliger Geist, ist eine bescheidene Seele, eine Seele, in der diese, Deine Frucht wohnt! In ihr ist das ungeordnete Verlangen gezügelt und zur Ruhe gekommen. Sie denkt nicht ständig für sich und ist leicht mit allem zufrieden. Sie will nicht im Mittelpunkt stehen, sondern den Platz einnehmen, den Du für sie vorgesehen hast. Deshalb ist die kostbare Gabe der Dankbarkeit und auch die Frucht der Demut in ihr wirksam. Eine solche Seele strahlt Zufriedenheit aus, macht kein Aufheben um sich und ist frei von jeglicher Anmaßung. Doch in Bezug auf die Liebe will sie groß sein, in der Liebe zu Dir und zu den Menschen, und auch mit einem kleinen Glauben ist sie nicht zufrieden.

Welch milden Glanz können wir in einer solchen Seele wahrnehmen, und wie leicht macht sie es Dir und auch uns, sie zu beschenken! Sie verwirklicht das Wort des Heiligen Paulus:

“Seid untereinander eines Sinnes; strebt nicht hoch hinaus, sondern bleibt demütig! Haltet euch nicht selbst für weise!” (Röm 12,16)

Eine solche Seele ist auch nicht kompliziert, sondern einfach; sie ist auch nicht eingenommen von allen möglichen Wünschen und Vorstellungen.

Wie aber können wir bescheiden werden, Heiliger Geist, damit dieser, Dein milder Glanz, in uns wirkt und wir diese Zufriedenheit erlangen?

Ein Schlüssel, oh Heiliger Geist, ist es, zu verstehen, daß wir alles als Geschenk erhalten, daß wir beschenkte Menschen sind und von der Weisheit Gottes das erhalten, was Er an materiellen und geistigen Gaben für uns vorgesehen hat. Wir sind noch so oft damit beschäftigt, um unser Recht besorgt zu sein, alles irgendwie zu besitzen, es haben zu müssen und uns absichern zu wollen. Wie leicht kann sich da noch eine verborgene Habgier zeigen, in Bezug auf materielle Güter, aber auch auf Ehrenbezeugungen, auf Verlangen nach Anerkennung, Lob und Aufmerksamkeit anderer Menschen!

Wenn wir aber lernen, alles als Geschenk zu verstehen und es auch in dem Maß anzunehmen und zu würdigen, wie wir es erhalten, dann, oh Herr, sehen wir überall Deine Liebe am Werk. Für das Recht der anderen dürfen wir sensibel sein, auf unser eigenes können wir aus höheren Gründen auch manchmal verzichten!

Jedem, oh Heiliger Geist, hat der Herr Gaben geschenkt. Diese dürfen wir nicht vergraben. Das wäre keine Bescheidenheit, sondern Unverständnis. Auch dürfen – und sollen wir sogar – nach den Geistesgaben streben:

“Jagt der Liebe nach! Strebt aber auch nach den Geistesgaben, vor allem nach der prophetischen Rede!” (1 Kor 14,1)

 Wir sehen also: Bescheidenheit bedeutet nicht etwa Verzicht auf Dinge, die für unseren inneren Fortschritt und den Dienst im Reich Gottes wichtig sind. Vielmehr erlangen wir durch die Bescheidenheit einen inneren Frieden, verlassen unsere übersteigerten Ansprüche und sind dankbar, wie Gott die Dinge fügt.