Apk 12,6-12 (Lesung am Fest der Heiligen Erzengel)
Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen. Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten; denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte. Sie haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes und durch ihr Wort und Zeugnis; sie hielten ihr Leben nicht fest, bis hinein in den Tod. Darum jubelt, ihr Himmel und alle, die darin wohnen. Weh aber euch, Land und Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen; seine Wut ist groß, weil er weiß, daß ihm nur noch eine kurze Frist bleibt.
Der Text des heutigen Tages eignet sich besonders, einige Aspekte des geistlichen Kampfes genauer zu beachten! Der Heilige Paulus macht uns im Epheserbrief ja deutlich: “Wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen” (Eph 6,12).
Gleichzeitig ist immer zu vergegenwärtigen, daß dieser Kampf nicht etwa einen offenen Ausgang hat, sondern daß es darum geht, den Sieg des Herrn konkret in unserem Leben umzusetzen: „Jetzt ist er da, der rettende Sieg…“ (Apk 12,10)
Doch es gilt auch: „Weh aber euch, Land und Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen; seine Wut ist groß, weil er weiß, daß ihm nur noch eine kurze Frist bleibt“ (Apk 12,12).
Gott läßt uns diesen Kampf, und es gefällt ihm, wenn die mächtigen gefallenen Engel durch Menschen besiegt werden, in denen Christus wohnt! Deshalb hat er auch seinen Jüngern die Vollmacht gegeben, Dämonen auszutreiben (vgl. Lk 9,1) – und das gilt nicht nur für die Priester! Wir alle können, jeweils auf unsere Art, wie es uns der Herr anvertraut, mithelfen, daß die Dämonen ihre Kraft verlieren und weichen müssen!
Zunächst zur Erinnerung: Es ist ein geistlicher Kampf, der mit geistlichen Mitteln geführt werden muß! Wir haben es nicht mit einem fairen Gegner zu tun sondern mit einem Gegner, der jede unserer Schwächen auszunutzen versucht! Trotzdem, und auch gerade deshalb, müssen wir darauf achten, daß wir mit dem Gegner in der rechten Weise umgehen und uns nicht reizen lassen, etwa übermütig zu werden, den Teufel zu beschimpfen oder zu verspotten – wie es z.B. Martin Luther tat!
Im Judasbrief steht ein sehr wichtiger Hinweis, wie der Erzengel Michael mit dem Teufel umgeht: „Als der Erzengel Michael mit dem Teufel rechtete und über den Leichnam des Mose stritt, wagte er nicht, den Teufel zu lästern und zu verurteilen, sondern sagte: Der Herr weise dich in die Schranken (Jud 1,9).
Selbst beim Teufel dürfen wir nicht vergessen, daß es sich ursprünglich um eine gute Schöpfung handelte, dessen Wesen allerdings pervertiert wurde! Seine Taten und Absichten sind grundböse! Er und seine Dämonen sind es, die lästern und spotten! Deshalb ist es wichtig, daß wir uns nicht auf diese Ebene der Auseinandersetzung begeben! Gewiß sollen wir den Teufel nicht lieben und auch kein falsches Mitleid mit ihm haben sondern all seine Werke verachten und zurückweisen! Doch folgen wir dem Heiligen Erzengel, der sagt: “Der Herr weise dich in die Schranken!”
Ließen wir uns auf Lästerungen usw. ein, dann würden wir uns auf die geistige Ebene der Dämonen begeben und wären schon von ihnen beeinflußt! Das gilt erst recht, wenn wir es mit Menschen zu tun haben, die sich auf den Einfluß des Bösen eingelassen haben! Die große Unterscheidung zwischen Sünde und Sünder muß hier gezogen werden, welche uns die Kirche immer gelehrt hat! Die Sünde muß man zurückweisen, den Sünder aber lieben! Wenn wir anfangen den Menschen zu verachten – also nicht nur seine bösen und unwürdigen Taten sondern ihn selbst – dann begeben wir uns ebenfalls in das Umfeld des dämonischen Geistes!
Nehmen wir ein konkretes Beispiel aus dem gegenwärtigen Abschnitt der Kirche!
Wir alle leiden unter den ständigen Enthüllungen von sexuellem Fehlverhalten bei Klerikern! Ohne Zweifel sind es böse Taten, manche sind gar kriminell, zumindest aber moralisch schwer verwerflich! Es wäre jedoch falsch und zutiefst ungerecht, alle Priester sozusagen als eine Art “Sippe” zu betrachten und sie zu beschimpfen! Die meisten Priester haben sich gar nichts zu Schulden kommen lassen!
Selbst bei jenen, die schuldig geworden sind, bedarf es einer sorgfältigen Unterscheidung, ob sie z.B. gegen ihre sündigen Neigungen angekämpft haben, immer zur Beichte gingen und sich Hilfe suchten, oder ob sie ihrer Neigung gegenüber gleichgültig waren oder sie gar gegen die Lehre der Schrift und der Kirche zu rechtfertigen versuchten!
Wenn wir nur einfach Ankläger sind, dann kann es leicht geschehen, daß wir zum „Ankläger unserer Brüder“ (Apk 12,10) werden, also in die Anklagehaltung des Teufels hineingeraten und damit seine Weise übernehmen, mit der Schuld anderer Menschen umzugehen! Christus hat aber durch sein Blut, d.h. durch die Vergebung der Sünden, den Ankläger gestürzt!
Wenn wir in dem gegenwärtigen geistlichen Kampf der Kirche eine Stütze sein wollen, dann gilt es zu beachten, daß wir den Kampf sehr klug führen und darauf achten, uns nicht indirekt vom Geist des Widersachers beeinflußen zu lassen! Nehmen wir als Beispiel die Weise, wie die Heiligen Engel kämpfen! Der Ruf des Erzengels Michael: „Wer ist wie Gott!“ verteidigt die Ehre Gottes gegen den Stolz der gefallenen Engel!
Versuchen wir im geistlichen Kampf auf Gott ausgerichtet zu sein, sachlich zu argumentieren und uns emotional nicht auf eine Ebene zu begeben, die uns schwächt! Das gilt besonders auch in den gegenwärtigen schwerwiegenden Auseinandersetzungen um den Kurs der Kirche!
Sachliche Auseinandersetzungen sind gefragt! Beleidigungen und Kränkungen sowie Spott und Hohn über Personen auszuschütten oder den Geist des Anklägers zu übernehmen, das sind bereits schon erfolgte Infiltrationen jenes Geistes, den man eigentlich bekämpfen wollte!