Gebetsleiden (A)

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Wer sich ernsthaft auf den Weg des Gebetes begibt, d.h. wer nicht nur gelegentlich und bei besonderen Anlässen – z.B. in großer Not – betet, der wird merken, daß das Gebet ihn nicht immer einfach nur trägt, sondern daß es Leiden gibt, welche das Gebet sogar anstrengend machen. Es hat mit der Trägheit unserer menschlichen Natur zu tun, mit Reinigungsprozessen, natürlich auch mit verschiedenen Anfechtungen und Versuchungen, die uns leicht mutlos machen können. Es kann sogar so weit gehen, daß man am Sinn des Gebets zweifeln könnte, weil Gott einen scheinbar nicht erhört und das Gebet so gut wie keine Freude macht. Die Seele ist in Gefahr den „mühseligen Umgang“ mit Gott wieder aufzugeben.

Zunächst sei gesagt, daß der Mensch sich an das Gebet gewöhnen muß. Zwar gibt es Phasen, in denen das Gebet leicht für uns ist, weil wir Freude daran haben „nach Hause“ zu kommen, wo wir mit religiösen Gefühlen beschenkt werden, welche uns beglücken. Doch auf lange Sicht hin gesehen braucht es Disziplin und Durchhaltevermögen, um ein regelmäßiges Gebetsleben zu führen! Wie immer gibt es Ausnahmen und manchen Menschen fällt das Gebet leicht. Doch die Regel dürfte eher das vorher Erwähnte sein!

Ein Abt eines Trappistenklosters sagte einmal zu mir: „Es ist leichter, die Mönche zur Arbeit zu rufen als zum Gebet!“

Warum ist das so? Es ist deshalb so, weil die Arbeit – wenn wir nicht gerade träger Natur sind – unserer menschlich-sinnlichen Natur näher liegt. Man kann leichter die Früchte sehen und weiß, was man getan hat. Das Gebet – und besonders das stille Gebet – kann oft nichts Sichtbares vorweisen. Wir tun es im Glauben und in der Hoffnung auf Fruchtbarkeit und aus Liebe zum Herrn!

Hinzu kommt, daß das Gebet mehr auf unsere geistige Natur hingerichtet ist und diese braucht eine besondere Formung, weil sie leicht abgleitet und – wir wir schon betrachtet haben – sich leicht von äußeren Gegebenheiten ablenken läßt. Alles, was unsere Sinne berührt, kann uns leicht in seinen Bann ziehen und wir gleiten vom Wesentlichen ab, nämlich einfach beim Herrn zu verweilen!

Das Thema der sog. „Gebetsleiden“ ist sehr weitläufig, denn sie können unterschiedlichsten Carakters sein und man muss sie genau betrachten, damit die richtigen Hilfen angewendet werden können.

Einige Hilfestellungen: Dabei gehe ich davon aus, daß jemand nicht freiwillig sein Gebet vernachlässigt und sich ungeordnet weltlichen Vergnügungen hingegeben hat, denn dann wären die Gebetsleiden als Folgen von Nachlässigkeiten leicht zu identfizieren.

Unfreiwillige Zerstreuungen:

Das sind Leiden, die uns als Konsequenz der Zerstreutheit unserer Natur begleiten. Sie sind nicht schuldhaft und können die Fruchtbarkeit des Gebets auch nicht mindern. Wir müssen natürlich darauf achten, daß wir all die Angebote, die unserer Phantasie und dem Erinnerungsvermögen gemacht werden, nicht einfach nachgeben und uns immer wieder beharrlich auf den eigentlichen Gegenstand des Gebets hinwenden. Ertragen wir die Zerstreuungen in Geduld, so wächst als Frucht, daß die Seele gesammelter und in sich gekehrter wird! Geben wir die Zerstreuungen in die Arme Gottes. Wie gerne würden wir gesammelt beten! Wir leiden darunter, dem Herrn nicht die ganze Aufmerksamkeit geben zu können, die ihm doch zusteht! Doch lächeln wir einfach über unsere Armeseligkeit und nehmen sie aus der Hand des Herrn an! Überlassen wir es einfach Gott und sagen Ja zu unserer Begrenztheit und zu unserem Elend! Gott weiß, wie er trotz unseres beklagenswerten Zustands zu uns kommen und uns segnen kann. Sagen wir ihm einfach, daß wir ihn lieben und ihm unser Herz gehört!

Gefühllosigkeit:

Es kann geschehen, daß die innere Freude und die Süßigkeit des Gebets uns entzogen werden und stattdessen eine plagende Gefühllosigkeit eintritt. Gott mag uns durch die vorhergehende Süßigkeit angelockt haben. Doch jetzt läßt sie nach und die Seele fragt sich, was mit ihr los ist! Manche – besonders zu Beginn des Weges – denken vielleicht, daß sie etwas falsch gemacht haben, daß Gott sie nicht mehr liebt usw. Der Zustand der Verliebtheit hört auf und ist noch nicht in eine dauerhafte Liebe übergegangen. So schön und villeicht auch berauschend der Zustand der Verliebtheit ist, so ist sie doch oft noch auf die eigenen Gefühle bezogen. Deshalb führt Gott die Seele jetzt anders und will eine starke Liebe heranreifen lassen. Jetzt gilt es, Edelmut zu beweisen, Gottes Wille um seinetwillen zu suchen und nicht etwa der Versuchung zu unterliegen, etwas „Vernünftiges und Praktisches“ an diese Stelle zu setzen und das Gebet aufzugeben.

Es ist jetzt die Treue gefragt, und indem wir dem Gebet treu bleiben, es nicht reduzieren, sondern gar eher mehr beten, wachsen im Dunkeln die göttlichen Tugenden von Glaube, Hoffnung und Liebe. Somit entfaltet sich die wahre Liebe und wir beginnen auf unserem Weg zu reifen!