319. Kleine Vaterbetrachtung
“Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst, und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie umkehren.” (Weish 11,23)
Das Erbarmen unseres Vaters ist mit seiner liebenden Allmacht verbunden. Wäre es nicht so, wie oft hätten sich die Menschen selbst vernichtet, hätten sie den bitteren Kelch ihrer Sünden selbst trinken und die Folgen ihrer Sünden ohne Milderung tragen müssen. Doch unser Vater liebt es, sich der Menschen zu erbarmen.
“Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von dem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehaßt, so hättest du es nicht geschaffen.” (Weish 11,24)
Weil es so ist, betrachtest Du den Menschen mit Milde und Langmut.
“Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens.” (Weish 11,26)
Das ist unsere Hoffnung, geliebter Vater. Wir können uns nicht auf unsere Werke und auf uns selbst verlassen; doch auf Dich und Deine Liebe ist Verlaß! Und wenn wir ob unserer Sünden und Schwächen mutlos zu werden drohen, dann richtest Du uns wieder auf.
Es ist unfaßbar, wie liebend Du bist! Wärest Du nicht so, dann wärest nicht Du es, sondern nur ein Bild, das wir uns von Dir machen; dann wärst Du nur ein Produkt unserer Wünsche oder Befürchtungen. Aber Du bist, der Du bist (vgl. Ex 3,14), und das läßt Du uns durch deinen Geist verstehen.
Die Gabe der Weisheit wird uns Dich und Deine so kostbare Liebe »schmecken« lassen. Und sie lädt uns ein, zu werden wie Du. Das hat uns Dein geliebter Sohn gesagt (vgl. Mt 5,48).
Dann, lieber Vater, würden wir ja ganz anders werden – so, wie Du uns eigentlich gedacht hast! Dürfen wir Dich darum bitten, obwohl wir oft noch so weit von Dir entfernt sind?
Weil Du es so willst, wagen wir, Dich zu bitten: Mach uns zu Menschen, an denen Du Deine Freude hast! Höre nicht auf, uns nach Deinem Bilde zu formen und uns so wach zu machen, daß Du durch unser Leben verherrlicht wirst! Bitte!