Leben zur Verherrlichung Gottes

Phil 1,20-24.27

Brüder! Darauf warte und hoffe ich, daß ich in keiner Hinsicht beschämt werde, daß vielmehr Christus in aller Öffentlichkeit – wie immer, so auch jetzt – durch meinen Leib verherrlicht werde, ob ich lebe oder sterbe. Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, daß ich am Leben bleibe. Vor allem: Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht. Ob ich komme und euch sehe oder ob ich fern bin, ich möchte hören, daß ihr in dem einen Geist feststeht, einmütig für den Glauben an das Evangelium kämpft.

Die Verherrlichung Gottes: Dafür will Paulus leben und realisiert damit das tiefe Anliegen Jesu, den Vater im Himmel zu verherrlichen (vgl. Joh 17,1.4).

In dem kleinen Büchlein »Die Botschaft Gott Vaters an Mutter Eugenia Elisabetta Ravasio« das von der Kirche anerkannt wurde und das ich häufig zitiere, (https://gott7vater.wordpress.com/1932/08/12/12-august-1932-2-teil-botschaft-gott-vaters-an-mutter-eugenia-elisabetta-ravasio/), heißt es:

“Wenn die Menschen in der Lage wären, in das Herz Jesu zu blicken und dessen Herrlichkeit und tiefste Sehnsüchte zu schauen, so wäre ihnen bewußt, daß dessen brennendster Wunsch darin besteht, den Vater zu verherrlichen, jenen, der ihn gesandt hat. Sie würden verstehen, daß er vor allem die ganze Fülle der Verherrlichung des Vaters wünscht, so wie es dem Menschen nur möglich ist und wie der Mensch sie mir, seinem Vater und Schöpfer, und noch mehr – dem Urheber seiner Erlösung – schuldig ist.”

Dieser Blick auf den Vater ist auch für uns sehr wesentlich. Dient das, was wir tun, der Verherrlichung Gottes? Sind unsere Taten, unsere Gedanken und Worte auf den Herrn gerichtet? Sind wir eifersüchtig darauf bedacht, ihm die Ehre zu geben und sie nicht für uns selbst zu suchen?

Es ist hilfreich, diese Fragen zu stellen, denn sie führen uns vom eigenen Ich weg und stellen uns vor Gott. Wir brauchen diese Fragen nicht zu fürchten, sondern sie können uns aufwecken und in die richtige Richtung führen. So kommen wir Jesus und auch seinem treuen Diener Paulus näher, die in allem, was sie taten, die Verherrlichung Gottes im Blick hatten.

Der Völkerapostel spricht im heutigen Text vom Tod, nach dem er sich sehnt, um ganz bei Christus zu sein. Nach diesem Leben im Dienst Gottes, welches ihn völlig in Anspruch genommen hat, will er in die Vollendung einkehren. Doch er sieht, daß die junge Gemeinde ihn noch braucht, und so kann er seinen Wunsch nach der Ewigkeit zurückstellen, um den Seinen zu dienen.

Diese Haltung des Völkerapostels zeigt, wie sehr sein Leben schon losgelöst ist von eigenen Interessen. Der Wunsch, möglichst bald mit dem Herrn vereinigt zu sein, kommt tief aus seinem Herzen. Es gibt nichts, was ihn persönlich in dieser Welt noch festhalten würde. Alle irdischen Wünsche sind zur Ruhe gekommen und er hat den guten Kampf des Glaubens gekämpft (vgl. 2 Tim 4,7). Warum sollte er noch auf der Erde bleiben, wo doch die Herrlichkeit Gottes auf ihn wartete? Doch, weil er noch fruchtbar wirken kann – und das zeigt sowohl seine Liebe zu der noch jungen Kirche als auch seine Losgelöstheit von sich selbst – ist es notwendiger, daß er am Leben bleibt. Das mag Gott noch mehr verherrlichen, und um dieser Verherrlichung willen kann er sogar den Wunsch zurückstellen, schon bald ganz beim Herrn zu sein.

Die Loslösung von uns selbst, die mit dem Blick auf die Verherrlichung des Herrn leichter gelingen kann, ist auch für unser geistliches Leben notwendig. Der Heilige Nikolaus von der Flüe, der Nationalheilige der Schweiz, hat den klassischen geistlichen Weg in einem sehr schönen Gebet zusammengefaßt:

“Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu Dir,
mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu Dir,
mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen Dir!“

Vor allem der letzte Teil gibt diese Haltung wieder, selbstlos dem Herrn zu dienen und nur seine Verherrlichung vor Augen zu haben. Das ist ein hohes Ziel. Jesus hat es uns bei seiner Kreuzigung auf Golgotha in Vollendung vor Augen gestellt, und in der heutigen Lesung sehen wir diese Haltung beim Apostel Paulus.

Das Gebet von Bruder Klaus zeigt uns den Weg dorthin. Die Liebe zum Herrn – um die wir bitten dürfen – gibt uns die Kraft, uns von all dem zu lösen, was uns hindert, daß diese Liebe sich ganz entfaltet. Die Bitte an den Herrn, uns all das zu geben, was unsere Liebe wachsen läßt, wird der Herr nicht unerhört lassen. Mit dem Blick auf die Verherrlichung Gottes und durch den Dienst am Nächsten, durch die Arbeit am eigenen Herzen und in der sorgfältigen Erfüllung unserer Aufgaben, die uns in dieser Welt gegeben sind, wird dann auch das geschehen können, was die letzte Bitte des Heiligen besagt: daß wir von uns selbst gelöst und ganz zum Eigentum des Herrn werden.

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