HERZEN, DIE IHN VERSTEHEN

76. Kleine Vaterbetrachtung

Zur Erinnerung: Die kleinen Vaterbetrachtungen greifen als Quellen auf die Heilige Schrift, auf das Vaterbuch von Madre Eugenia und auf andere Texte zurück, welche mir für eine kurze Betrachtung dienlich erscheinen.

“Was möchte ich denn mit diesem Werk der Liebe anderes erreichen, als Herzen zu finden, die mich verstehen können?”  (Vaterbuch) 

Gestern haben wir über das Herz gesprochen, das der Herr kennt. Heute hören wir, daß der Vater Herzen sucht, die ihn verstehen können.

Gott verstehen heißt, die Beweggründe unseres liebenden Vaters zu verinnerlichen, seine unvergleichliche Güte wahrzunehmen und im Vertrauen zu leben, denn das macht es dem Vater leicht, sich mitzuteilen.

Madre Eugenia durfte diese Nähe erfahren, als der Vater ihr versicherte:

“Ich werde dir jeden Tag ein wenig von meinen Wünschen bezüglich der Menschen anvertrauen; ich werde dir von meinen Freuden und von meinen Sorgen erzählen.”

So nahe kann der Vater den Menschen an sich ziehen; ihn bis in die vertraute Freundschaft mit Ihm führen. Es ist nicht so, als ob Gott das bräuchte, denn er ist in sich selbst vollkommen. Doch möchte Gott diese vertraute Beziehung mit dem Menschen, einfach weil er ihn liebt.

Diese seine Liebe ist es, die ihn suchen läßt nach Menschen, die ihm antworten und ihn so immer besser verstehen lernen.

Vielleicht ist uns der Gedanke zunächst etwas fremd, daß Gott so vertraut mit uns sprechen möchte; gerade mit uns Menschen, die wir oft so unverständig sind, besonders was die übernatürlichen Dinge anbelangt. Schauen wir jedoch in die Evangelien, dann finden wir den Jünger Johannes an der Brust Jesu und hören, wie der Herr zu seinen Jüngern spricht: “Ich habe euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.” (Joh 15,15).

Warum also sollte der Vater sich nicht auch uns mitteilen wollen?

Können wir seiner Liebe Grenzen setzen, nur weil wir es uns schlecht vorstellen können, daß Er uns so nahe sein will?

Nein, tun wir das nicht! Lassen wir uns stattdessen von seiner Liebe betören!

Verharren wir nicht dabei, uns gering und einer solchen Liebe wenig würdig zu fühlen!

Schauen wir auf das liebende Verlangen Gottes und sagen wir ihm – selbst wenn es nur ganz zaghaft sein sollte – daß wir solch ein Herz sein wollen, das ihn versteht!