Die Geburt des Herrn in uns – Einleitende Gedanken

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Wenn wir über das Kommen des Herrn sprechen, dann denken wir an ein dreimaliges Kommen Jesu: Das geschichtliche Kommen mit der Geburt Jesu in Bethlehem, die Geburt des Herrn in uns und das Kommen des erhöhten Herrn am Ende der Zeiten.

In dieser zweiten Adventswoche betrachten wir nun die Gegenwart Jesu in unserem Herzen. Es ist entscheidend, daß Jesus auch in unseren Herzen lebt, denn hier geschieht die Umwandlung des Menschen: Jesus in unser Herz einzulassen bedeutet, ihm Herberge zu gewähren, der Liebe Gottes Raum in unserer Seele zu schenken.

Wir kennen es ja auch in unseren menschlichen Beziehungen. Wenn wir jemand im Herzen tragen, so heißt dies, daß wir ihn tiefer in unser Leben aufgenommen haben, an seinem Leben Anteil nehmen und an ihn mit Liebe und Dankbarkeit denken. Er lebt gewissermaßen in uns, auch wenn wir äußerlich gar nicht mit ihm kommunizieren.

So und noch intensiver ist es, wenn Jesus in unser Herz einzieht, wir es ihm schenken, wie es in dem bewegenden Weihnachtslied “Zu Bethlehem geboren” heißt: “Mein Herz will ich ihm schenken und alles, was ich hab.”

Mit dem Herrn in eine Herzensbeziehung einzutreten – d.h. auf seine Liebe zu antworten – ist schon ein Stück “Himmel auf Erden”, was sich dann in der Ewigkeit in einer ungestörten Herzensvereinigung vollenden wird! Dies ist ja das Ziel unseres Daseins: Ihn zu schauen und für immer in völliger Einheit mit Ihm und all denen, die zu ihm gehören, zu leben.

Wie nun dieser Weg der Vereinigung, der hier auf der Erde beginnt, aussieht und welche Schritte dazu nötig sind, soll uns in dieser Woche beschäftigen. Wir betreten damit den Bereich der Mystik.

Die Mystik ist nicht etwas Mysteriöses, und es wäre grundfalsch, sie als etwas Abseitiges zu betrachten. Die Mystik ist die innere Erfahrung des Menschen von Gottes Gegenwart in der Seele.

Es sind nicht wenige Heilige, welche diesen inneren Weg der Seele auch schriftlich niedergelegt haben. Zu den bekanntesten Lehrern der Mystik gehören die Heilige Teresa von Avila, der Heilige Johannes vom Kreuz, der Heilige Franz von Sales oder auch ein Johannes Tauler und andere.

Es handelt sich nicht um spekulative Schriften, die sich in einem Halbdunkel bewegen, sondern Gott hat solchen Lehrern, die es auch im östlichen Christentum gibt, ein Licht der Erkenntnis geschenkt, wie die Seele durch die zunehmende Gegenwart Christi umgewandelt wird.

Wenn auch nicht alle Menschen auf der Erde dazu berufen sind, in die letzten “Höhen der Mystik” z.B. einer heiligen Getrud von Helfta aufzusteigen, so möchte doch Gott in unseren Herzen wohnen und wirken – je nach Wahl Gottes und Berufung. Wer sich nach Stille und Einsamkeit sehnt, nach innerer Sammlung Ausschau hält, wer dem Zug des Herzens nach trauter Gemeinschaft mit Jesus folgt, der beginnt das Leben zu verinnerlichen.

Diese Verinnerlichung ist nicht nur der eigenen Seele dienlich, sondern sie wirkt sich auf unser gesamtes Leben aus und somit auch auf die Begegnung mit anderen Menschen, da es um das Wachstum in der Liebe und die Verwandlung unseres Herzens geht. Tragen wir Jesus tiefer im Herzen und geben seiner Liebe Raum, dann werden das auch die anderen Menschen merken. Damit sind nicht nur die äußeren Taten gemeint, sondern die ganze Weise des Menschen beginnt sich durch die innere Führung des Heiligen Geistes zu verändern. Wir werden Jesus ähnlicher. Das ist das Wesen der Liebe, daß wir dem Geliebten ähnlicher werden, mit ihm eins werden.

Es ergeht eine herzliche Einadung, in diesen kommenden Tagen des fortschreitenden Advents die Beziehung zu Jesus zu vertiefen. Dazu mögen die Betrachtungen eine Hilfestellung geben. Ich empfehle diese besonders der Gottesmutter Maria an, von der wir gerne lernen wollen, wie wir dem Herrn noch tiefer Einlaß in unser Herz geben und ihm antworten können.