Betrachtungen zum Heiligen Geist (10/14): DIE KEUSCHHEIT

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Heiliger Geist, heute komme ich zu Dir mit einem besonderen Anliegen, welches das Leben vieler Menschen verdunkelt.

Der Sinn für die Keuschheit ist verlorengegangen, und vielen Menschen scheint sie ein Relikt aus vergangenen Zeiten zu sein. Spricht man von ihr, so stößt man oft auf völliges Unverständnis, und selbst in kirchlichen Kreisen ruft das nicht selten ein mitleidiges Lächeln hervor. Dabei ist die Keuschheit eine Frucht des Lebens mit Dir und ein herrliches Geschenk, welches die Würde des Menschen ungemein stärkt!

Warum, oh Heiliger Geist, sind wir so wenig empfänglich für die Schönheit der Keuschheit? Haben wir keine Augen mehr, die Würde der Keuschheit wahrzunehmen? Sind wir schon derart sexualisiert und somit stumpf geworden, ihren Adel wahrzunehmen, ihre innere Stärke, die Integrität einer Jungfrau?

Keuschheit meint nicht: ein verkrampftes Verhältnis zur Sphäre der Sexualität, ein angstvolles Abblocken aller natürlichen Regungen, oder die Abwesenheit jeglicher Anziehungskraft dieses lebensvollen Bereiches, wohl aber meint sie die Fähigkeit, sensibel und oft auch unbefangen damit umzugehen.

Die Keuschheit, die weit umfassender ist, als allein auf die sexuelle Sphäre beschränkt zu sein, ist eine innere Schule des Geistes in Bezug auf eine umfassende Enthaltsamkeit. Sie ist wie ein innerer Kompaß, mit der sinnlichen Sphäre des Menschen so umzugehen, daß diese nicht die Herrschaft über die höheren Werte des menschlichen Seins gewinnt. Sie trägt also die kluge Askese in sich und ist ein Teil von ihr.

In Bezug auf die sexuelle Sphäre lehrt sie, ihren Wert von Gott her zu verstehen und sie als einen Ausdruck wahrer Liebe in der Ehe zu leben, im liebevollen und achtungsvollen Umgang die Lust dieser Sphäre zu integrieren! In der Zeit vor der Eheschließung lehrt die Keuschheit das Warten und bewahrt so die ganze und ungeteilte Liebesfähigkeit für denjenigen, dem in Zukunft die menschliche Liebe ganz gehören soll. In der Keuschheit um des Gottesreiches willen wird Gott die ganze Sphäre der Sexualität bewußt geschenkt und erfährt somit eine Umwandlung, eine Vergeistigung.

Wieweit, oh Heiliger Geist, ist von dieser Höhe und Schönheit häufig die Praxis entfernt, und wie viel Leid entsteht daraus! Die Menschen verkaufen die Schönheit ihrer Seele und die Integrität ihrer Person so leicht und merken es gar nicht! Sie merken auch nicht, wie sie dadurch in ihrer Liebesfähigkeit geschwächt werden. Und welchem Bombardement von Unkeuschheit sind die Heranwachsenden ausgesetzt! Und – oh Heiliger Geist – es sei Dir geklagt: unsere Schulkinder werden in manchen Ländern systematisch durch Lehrpläne mit dieser so wichtigen Sphäre auf die widerlichste Weise in Berührung gebracht!

Laß uns doch wieder neu die Keuschheit entdecken! Und wenn wir in unserem Leben in die Mühle der Unkeuschheit geraten sind und der Herr uns in seiner Gnade herausgeführt hat, dann können wir eine neue Keuschheit gewinnen, welche die Unordnung in uns beseitigt und eine neue Würde und Schönheit schenkt, nämlich den Glanz des Heiligen Geistes in uns.