298. Kleine Vaterbetrachtung
“Meine Liebe umfaßt alle vernunftbegabten Geschöpfe, deren Gesamtheit die Menschheit darstellt.” (Botschaft von Gottvater an M. Eugenia Ravasio).
Die Liebe unseres Vaters gilt allen Menschen. Das ist uns von unserem Glauben her bewußt und wir mühen uns, diese Liebe von Gott aufzunehmen, uns von ihr erfüllen und formen zu lassen.
Es ist nicht schwierig, die zu lieben, die auch uns lieben. Doch die Liebe des Vaters bleibt nicht dabei stehen: Sie will alle Menschen gewinnen. Sie hat uns schon geliebt, als wir noch Sünder waren (Röm 5,8) und in der Feindschaft gegen Gott verharrten. Diese Liebe, die sich nicht begrenzt hat, will alle Menschen erreichen, denn wir sind auf die Liebe hin geschaffen und “unruhig ist unser Herz, bis es Frieden findet in Dir!”, so sagt es uns der Heilige Augustinus.
Ein Leben, welches sich dieser Liebe verschließt, ist ein Widerspruch in sich. Gerade hier wird die unvergleichliche Liebe unseres Vaters erkennbar. Denn er, der Unendliche, von dem alles Sein seinen Ursprung nimmt, kommt in seinem Sohn in diese von ihm oft so weit entfernte Welt mit all ihrer Widersprüchlichkeit und Bosheit.
Gott kommt nicht, um die Menschen zu richten, sie für all ihre Vergehen bezahlen zu lassen, sondern um sie zu retten (Joh 12,47). Er läßt es geschehen, daß die Menschen den töten, der sie erschaffen hat; den verspotten, der sie liebt; den mit Dornen zu krönen, der ihr wahrer König ist.
Der Vater trägt in seinem Sohn diesen Widerspruch an das Kreuz, um das Unlösbare zu lösen, die Bosheit durch die göttliche Liebe zu überwinden, die Aussichtslosigkeit eines verfehlten Lebens in Hoffnung zu verwandeln, dem an die Sünde versklavten Menschen die Freiheit der Kinder Gottes zu schenken.
Alle sind gemeint! Alle sind gerufen, die Liebe des himmlischen Vaters zu erkennen, aus der Widersprüchlichkeit ihres Lebens aufzuwachen und einzutreten in ihr wirkliches Leben in Übereinstimmung mit dem Willen unseres Vaters. Dort herrschen wahrer Friede und reine Freude.