GELASSENHEIT IN GOTT

394. Kleine Vaterbetrachtung

“Jener findet in Gott seine Gelassenheit, der sich bemüht, der Wahrheit zu entsprechen und sich wenig darum kümmert, wie er von den Menschen behandelt oder eingeschätzt wird.” (Seliger Heinrich Seuse)

Die »Gelassenheit in Gott« ist das große Thema des deutschen Mystikers Heinrich Seuse. Damit ist der tiefe Friede im Herrn gemeint, der aus dem Vertrauen in Gottes Güte erwächst.

Leicht wird der innere Friede gestört, wenn man seinen Blick zu sehr auf die Menschen richtet und sich damit beschäftigt, wie sie mit uns umgehen, wie sie über uns sprechen oder wie sie vermutlich über uns denken. Leicht verkrampft sich so das Leben und es zieht eine Unfreiheit ein, die bis zur seelischen Abhängigkeit führen kann. Man hat es dann mit dem leidigen Thema der Menschenfurcht zu tun.

Doch gilt es, dieses Wort des Seligen genau zu betrachten. Unsererseits ist die Voraussetzung für die Gelassenheit, von der er spricht, unsere Bemühung, der Wahrheit zu entsprechen. Damit ist gemeint, sich mit allen Kräften zu mühen, mit dem Willen unseres Vaters in Einklang zu stehen. Sieht unser Vater das, dann wird er uns seinen Frieden geben und wir werden von ihm die Kraft bekommen, darin zu verharren. So kommt die Gelassenheit in Gott zustande, denn mit dem Aufblick zum Vater lernen wir mit allen Situationen umzugehen und uns von ihnen nicht zu sehr beunruhigen zu lassen.

Das gilt nun besonders für den Umgang mit den Menschen. Damit ist nicht etwa gemeint, daß wir eine gleichgültige oder gar stolze Haltung einnehmen sollen, welche uns den anderen Menschen gegenüber nicht mehr empfänglich sein läßt. Nein, es ist die Ausrichtung auf Gott in der Wahrheit. Von dieser Perspektive aus gesehen wird die Beziehung zu anderen Menschen frei und wir kümmern uns in diesem Sinne wenig darum, wie wir von Menschen behandelt oder eingeschätzt werden.