Die wahre Einfachheit (Teil I)

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Hinweis: Wir verlassen den gewohnten Rahmen der täglichen Auslegungen zugunsten zweier Betrachtungen über die Einfachheit; ein Thema, welches für das geistliche Leben bedeutsam ist.

Die Einfachheit – wenn wir sie richtig verstehen – ist ein großes Gut. Damit ist nicht etwa gemeint, alles zu vereinfachen und nicht mehr differenziert denken zu können.

Nein, die wahre Einfachheit bedeutet, daß wir alle Dinge von Gott aus betrachten, wodurch sie ihren rechten Platz bekommen. Der Heilige Geist ist es, der alles in die rechte Ordnung überführt, und dies gilt sowohl für das innere als auch für das äußere Leben. Ein im Heiligen Geist geordnetes Leben wird einfach, es wird sozusagen von oben her – damit ist gemeint von Gott her – geführt, und alles wird auf Gott zurückgeführt. So entsteht eine innere Einheit des Lebens. Es ist nicht mehr ein Lebensvollzug, der aus vielen, oftmals widersprüchlichen Elementen besteht, die jeweils in ihrer Eigendynamik zerstreuen, sondern das ganze Leben ordnet sich durch eine Grundausrichtung.

Wir Christen, die wir dem Herrn ernsthaft nachfolgen wollen, würden es so ausdrücken: Das ganze Leben ist davon bestimmt, den erkannten Willen Gottes zu tun. Es wird daher einfach in seiner Ausrichtung.

Bei komplizierten Menschen können Schwierigkeiten auf dem Weg zu dieser lichten Einfachheit entstehen. Sie sind in Gefahr, durch innere Verkrampfungen und verschiedene Komplexe nicht oder nur sehr schwer umzusetzen, was die jeweilige Situation erfordert. Oft sind sie unnötig mit Gefühlen beschäftigt und werden durch sie aufgehalten, eine sachgerechte Antwort zu geben. Das Leben und seine vielfältigen Situationen werden unnötig kompliziert, u.U. werden einfache Zusammenhänge dramatisiert und dadurch können einfachste Aufgaben zu großen Problemen werden.

Manche Menschen verwechseln auch Kompliziertheit mit Tiefe; sie verstehen nicht, daß – je höher etwas ist – es auch umso einfacher ist.

Nehmen wir als Beispiel den Weg der Nachfolge Christi. Je tiefer er wird, desto einfacher wird er auch, und nicht etwa komplizierter, denn das Ziel des geistlichen Lebens besteht darin, daß wir mit Gott in Liebe und Wahrheit vereint sind. Wenn also die Liebe mit jedem Tag der Nachfolge Christi wächst, dann kommen wir dem Ziel näher, wachsen in der Gotteserkenntnis und Gott kann uns umso leichter führen. Dann wird durch die Liebe alles einfacher, denn sie wird zu einem mächtigen inneren Antrieb, alles dieser Liebe Entsprechende zu tun. “Nichts ist schwer, wenn man Gott lieb hat!”, sagte eine selige Anna de Guigné.

Manche Menschen fragen auch mehr nach dem, was sie interessiert, als nach der Wahrheit. Sie gleiten in alle möglichen Gedanken und Überlegungen ab, verfolgen “geistvolle Irrtümer”, begeben sich auf die Wege kompliziertester Vorstellungen und erliegen der unübersichtlichen Vielgestalt des Falschen.

Fragt man also nicht nach der Wahrheit, die ja nur eine ist, liegt es nahe, daß man leicht in den Raum von Irrtümern eintritt, deren es zahllose gibt.

Leicht kann es auch geschehen, wenn man ein kompliziertes Innenleben hat und es immer weiter kompliziert, daß man ständig mit sich und den eigenen Ideen beschäftigt ist und vielleicht sogar diese Kompliziertheit als irgendwie “geistig hochstehend” betrachtet, statt unter ihr zu leiden, und sie daher willkommen heißt und fördert.

Aus dem bisher Gesagten können wir zwei Grundpfeiler erkennen, die unser Leben in die wahre Einfachheit führen. Es ist die Ausrichtung auf die Liebe und die Wahrheit.

Wenn uns vom Heiligen Augustinus das wunderbare Wort überliefert ist: “Liebe, und tue, was Du willst! ”, dann hat er das Leben auf einen sehr einfachen und unauslotbar tiefen Nenner gebracht. Wenn die Liebe – und man muß hinzufügen: die “wahre Liebe” – die Grundmotivation unseres Handelns wird, dann wissen wir immer, was wir zu tun haben. Es soll in diesem ersten Schritt nicht erörtert werden, was geschehen muß, um es auch zu verwirklichen, sondern es soll erst einmal nur verstanden werden, wie dieses Prinzip unser Leben auf einen gemeinsamen Nenner bringen und vereinfachen möchte.

Ebenso verhält es sich mit der Wahrheit. Wenn wir nach ihr fragen – und diese Ausrichtung gefällt dem Herrn sehr, denn Er ist die Wahrheit (Joh 14,6) – dann haben wir ein einfaches Grundprinzip, an dem sich alles orientiert, und unser Leben wird sehr konzentriert. Nicht die Vielgestalt aller Möglichkeiten zieht uns dann an, sondern die Frage: Was ist die Wahrheit? Was ist das Richtige? Welche Antwort ist die richtige auf diese oder jene Situation?

Das Thema wird morgen forgesetzt!