1 Kor 9,16-19.22-23 (Lesung am Gedenktag des Heiligen Franz Xaver)
Brüder! Wenn ich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde! Wäre es mein freier Entschluß, so erhielte ich Lohn. Wenn es mir aber nicht freisteht, so ist es ein Auftrag, der mir anvertraut wurde. Was ist nun mein Lohn? Daß ich das Evangelium unentgeltlich verkünde und so auf mein Recht verzichte. Da ich also von niemand abhängig war, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, um möglichst viele zu gewinnen. Den Schwachen wurde ich ein Schwacher, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten. Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an seiner Verheißung teilzuhaben.
Der Apostel handelt im Auftrag des Herrn. Das ist etwas Wesentliches. Denn wer einen Auftrag vom Herrn bekommen hat, wird sich nicht mehr bei jeder Wegkreuzung fragen, ob er das, was auf ihn zukommt, nun möchte oder nicht. Er hat grundsätzlich zu Gott Ja gesagt und ist in seinen Dienst getreten. Er gehört also nicht mehr sich selbst, sondern ganz dem Herrn. So ist es wohl zu verstehen, wenn der Heilige Paulus sagt: “ein Zwang liegt auf mir”. Er erfüllt einfach seinen Auftrag. Man könnte sagen, dieser Auftrag herrscht nun über ihn; all seine Gedanken und die ganze innere Ausrichtung gehen dahin, diesen Auftrag zu erfüllen, dem er sich völlig unterstellt.
Der Herr selbst ist darin unser großes und unübertreffbares Vorbild: er, der von sich sagen kann: “Ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat” (Joh 6,38). Immer und in allem hat der Herr seine Mission erfüllt, aus Liebe zu seinem Vater und zu uns.
So ist es auch beim Apostel Paulus. Seit seiner Vision vom erhöhten Herrn (Apg 9,19) lebt er im Auftrag. Er hat Gott seine höchste Freiheit geschenkt, deshalb braucht er nicht ständig neue freie Entschlüsse zu fassen. Sein Wille ist sozusagen an den Herrn gefesselt, die Freiheit ist schon ganz dem Herrn übergeben und alles andere ist eine Folge dieses Geschehens.
Bestimmt ist das auch die Grundhaltung des Heiligen Franz Xaver gewesen, des großen Jesuitenmissionars, dessen Gedenktag wir heute feiern. Welch große Frucht kann aus einem solchen Leben wie dem seinen erwachsen!
Weil diese Freiheit, sich ganz dem Herrn zu schenken, besteht und sich in einen »Zwang der Liebe« verwandelt, kann der Heilige Paulus, und viele andere Missionare, sich zum »Sklaven« für alle machen. Sie können jede Situation unter der Perspektive betrachten, wie andere Menschen für das Evangelium gewonnen werden können. Aus dieser letzten Freiheit heraus werden sie den Weg finden, den der Herr vorgesehen hat, weil ihnen kein Weg zu weit, kein Kreuz zu schwer, keine Aufgabe zu groß ist. Es ist der Herr selbst, der in ihnen wirkt.
Wir schauen gerne zu diesen großen Aposteln auf, und ihre Lebenshingabe fragt uns an:
- Was ist meine Aufgabe?
- Unter welcher Prämisse steht mein Leben?
- Hat es schon klare Konturen?
- Gehöre ich Gott in einer solchen Unbedingtheit, wie sie bei Paulus aufleuchtet?
- Schwanke ich noch?
- Entscheide ich mich nicht richtig?
- Hänge ich noch an verschiedenen Dingen?
- Habe ich meine Freiheit schon ganz Gott übergeben?
Der Advent lädt uns ein, tiefer die Hingabe Gottes zu betrachten.
“Er hielt nicht daran fest wie Gott zu sein,
sondern wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich” (Phil 2,6-7).
Gott ist uns auf dem Weg der vollkommenen Liebe vorangegangen. Er wurde allen alles, um uns in seiner Liebe zu gewinnen. Tun wir es ihm doch gleich! Dann wird unser Leben immer deutlicher zum Auftrag, Gottes Liebe zu verkünden und im Auftrag dieser Liebe zu stehen.