EINE WACHE VOR MEINEM MUND

305. Kleine Vaterbetrachtung

“Herr, stell eine Wache vor meinen Mund, eine Wehr vor das Tor meiner Lippen.” (Ps 140,3)

Wer kann seine Zunge beherrschen? Der Apostel Jakobus sagt uns: “Die Zunge kann kein Mensch zähmen, dieses ruhelose Übel, voll von tödlichem Gift.” (Jak 3,8)

In der Tat: Wie viele Sünden begeht man durch böse, lieblose und schlechte Worte! Wie schwer fällt es uns Menschen, unsere Zunge zu hüten, wenn sie von negativen Empfindungen entzündet ist! Und wie leicht verletzt man andere Menschen damit!

Doch es sind nicht nur die negativen Worte. Es ist auch das viele nutzlose Gerede, welches die Atmosphäre weltlich und oberflächlich werden lassen kann und sie schwerlich für die Gegenwart Gottes aufschließt.

Umso mehr brauchen wir die Hilfe unseres Vaters, eine »Wache vor unseren Mund« zu setzen. Wir brauchen jene mahnende Stimme, die uns innerlich zur Ordnung ruft, wenn wir in Unordnung geraten; jene Stimme des Heiligen Geistes, der uns – falls wir bereit sind zu hören – sehr schnell wahrnehmen läßt, wenn wir in unseren Worten gegen die Liebe verstoßen. Je feiner wir hierin geformt werden, desto rascher werden wir es merken.

Die »Wehr vor dem Tor der Lippen« können wir so deuten, daß wir uns bereits durch Wachsamkeit über unsere Gedanken zurüsten und schon falsche Gedanken – wie es der heilige Benedikt seine Mönche lehrte – am Felsen Christi zerschmettern. Das würde heißen, daß wir bereits aufsteigende Gedanken und Gefühle wahrnehmen und ihnen im Gebet begegnen, noch bevor sie sich zu Worten bilden. Gelingt uns dies, dann ist schon sehr viel erreicht und wir vermögen die Menschen, die mit uns zusammenleben, zu schonen. Allerdings gilt es dann, diese gezügelten Worte, Gedanken und Gefühle im inneren Gebet auch zu überwinden.

In all dem benötigen wir Gottes Hilfe, die uns der Vater sicher sehr gerne gewähren wird, weil er uns dadurch mit seiner Liebe verwandeln kann, sodaß wir ihm ähnlicher werden.