DIE LANGMUT UNSERES VATERS

310. Kleine Vaterbetrachtung

“Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat.(1 Joh 3,1)

Wir dürfen hoffen, daß die Menschen durch ein glaubwürdiges Zeugnis unsererseits einen Zugang zur Liebe des himmlischen Vaters bekommen. Doch mahnt uns der obige Vers, dabei immer realistisch zu bleiben, denn “das Licht kam in die Finsternis und die Finsternis hat es nicht ergriffen, so weiß es das Johannesevangelium zu berichten.

Als Zeugen des Erbarmens Christi, das uns der Vater offenbart hat, stehen wir in dieser Spannung, einerseits die Liebe unseres Vaters zu erkennen und gleichzeitig die Verschlossenheit wahrzunehmen, welche gegenüber der Wahrheit besteht.

Hier erleiden wir jedoch nichts anderes als Gott selbst und sollen von ihm lernen, wie wir damit umzugehen haben. Wir begegnen der Langmut unseres himmlischen Vaters, der auf die Menschen wartet, daß sie sich ihm zukehren. Gott wendet sich nicht enttäuscht von ihnen ab und überläßt sie ihren verkehrten Wegen, ohne ihnen Hilfe anzubieten. Tag und Nacht ruft er sie und bleibt bei der Menschheit; auch dann, wenn sie nichts von ihm wissen will und weder ihn noch die Seinen erkennt.

Auch wir dürfen uns nicht von einer Ablehnung unserer Person oder unseres Zeugnisses verwirren und entmutigen lassen. Wir können den Menschen – und seien sie noch so weit von der Wahrheit entfernt – mit unserem Gebet und Opfer immer nachgehen. Die Gottesferne dieser Welt sollte uns zur Herausforderung werden, umso tiefer in die Liebe unseres Vaters einzudringen, damit unser Zeugnis noch mehr vom übernatürlichen Glanz seiner Liebe erstrahlen kann.

Auf diesem Weg werden wir dem Herrn sehr ähnlich, welcher all die Ablehnung, Verfolgung und den Hass mit der größtmöglichen Liebe am Kreuz beantwortet hat. Gewiß ist das für uns Menschen schwer; ebenso, wie es schwer ist, das Wort aus der Bergpredigt zu verwirklichen, daß wir unsere Feinde lieben sollen. Doch ist dies eine Einladung unseres Vaters, nicht an der Begrenztheit unserer eigenen Liebesfähigkeit Halt zu machen, sondern unser Herz zu öffnen, damit die Gottesliebe in unserem Leben das vollbringen kann, zu was wir Menschen aus uns heraus nicht fähig sind.