Wachsamkeit ist ein zentraler Begriff, um das Leben in der Nachfolge Christi zu beschreiben.
Sie bedeutet nicht etwa eine verkrampfte Ängstlichkeit, die überall das Böse sieht und sich ständig zu schützen hat. Auf einem solchen Weg gibt man dem Bösen eine zu große Bedeutsamkeit und vergißt, daß der Teufel prinzipiell bereits besiegt ist und sich dieser Sieg auf der Erde – auch durch unsere Kämpfe – zu realisieren hat.
Andererseits gibt es – solange wir unterwegs auf Erden sind – keine behagliche Sicherheit, welche leicht zu einer falschen Einschätzung der realen Situation und zu Überheblichkeit führen könnte; beides Haltungen, in denen wir der Situation, in der wir uns auf Erden befinden, nicht gerecht werden.
Richtig hingegen ist es wahrzunemen, daß wir uns durchaus in einem Kampf befinden, denn nicht umsonst wird uns durch die Heilige Schrift gesagt: „Seid nüchtern und wachsam, denn der Teufel geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens.“ (1Petrus 5)
In diesem Zusammenhang möchte ich auf manche Ansprachen aufmerksam machen, in denen ich dieses Thema bereits behandelt habe, und empfehle, sie eigens zu lesen.
Man kann sie im Archiv unserer Internetseite innerhalb der Rubrik : Betrachtungen über das geistliche Leben, finden: www.elijamission.net
Deshalb werde ich heute nur allgemeine Regeln benennen, welche unsere Bemühungen zur Wachsamkeit unterstützen:
- a) Zur Wachsamkeit gehört das beständige und ausdauernde Gebet. Neben den regelmäßigen Gebetszeiten ist auch das spontane persönliche und innere Gespräch mit Gott sehr anzuraten. Neue Situationen in die man kommt, sollte man mit dem Herrn besprechen und ihn um Schutz und Führung bitten, so daß man nicht von ihnen überrascht wird.
- b) Der regelmäßige Empfang der Sakramente, auch des Bußsakramentes.
- c) Gute Selbsterkenntnis, was besagt, dass man seine eigenen Schwächen kennen muß. Dies ist ein wesentlicher Punkt um vom Teufel, von der Welt oder durch sich selbst nicht in die Irre geführt zu werden. Bin ich mir meiner Schwächen bewusst, dann kann ich die sog. „zweite Freiheit“ nutzen, um mich zu schützen, und um entsprechend Gott und seine Heiligen um ihre besondere Hilfe zu bitten. Die „zweite Freiheit“ meint, daß ich die geeigneten Maßnahmen ergreife, um meine Grundentscheidung (der Versuchung nicht nachzugeben) zu stützen.
Im Folgenden möchte ich ein Beispiel konstruieren, welches als Modell Anwendung finden könnte, wie ich einer Versuchung mit der Hilfe Gottes systematisch widerstehen kann. Dieser Weg könnte in manchen Punkten auf ähnliche Situationen übertragen werden.
Beispiel: Ich habe die Schwäche, daß, wenn ich mit einer bestimmten Person spreche, wir nach einiger Zeit schlecht über andere Menschen reden. Dies geschieht quasi jedes Mal, und anschließend bin ich immer beschämt, weil ich weiß, daß dies gegen das Gebot des Herrn steht. Zwischen der anderen Person und mir gibt es irgendein „geheimes Einverständnis“, das Gespräch auf solche Themen hinzuführen.
– Der erste Schritt besteht nun darin, ohne Selbstbetrug und Entschuldigungen die Sachlage in aller Klarheit für sich zu realisieren.
– Der zweite Schritt ist, die Schuld nicht bei der anderen Person zu suchen, sondern bei sich selbst.
– Der dritte Schritt ist, die Konsequenz aus den vorherigen Erkenntnissen zu ziehen, also eine Entscheidung zu fällen. Es gilt nun, entweder das Gespräch eine Zeitlang völlig zu meiden, oder es bewußt an dem Punkt abzubrechen, da es ins Negative abgleitet. Hier ist allerdings eine große Wachsamkeit und Aufrichtigkeit vonnöten, sowie die Überwindung von Menschenfurcht und auch von Gewohnheit.
– Ein weiterer Schritt ist, vor Gott dieses „geheime Einverständnis“, welches wir mit der anderen Person im Negativen haben, im Gebet zu widerrufen, ihm abzusagen und sich davon völlig zu distanzieren. Im Vertrauen auf die Liebe Gottes öffnen wir nun die eigene Bosheit des Herzens, die uns in dieses Negative geführt hat, zu Gott hin, und bitten ihn um Heilung und Befreiung.
– Jede Niederlage in dem begonnenen Kampf, d.h. jeder Rückfall in das alte Verhalten, ist sofort vor den Herrn -mit der Bitte um Vergebung- zu tragen und gegebenenfalls baldmöglichst auch in die hl. Beichte. Zudem wäre es klug, nachzuschauen, wo und warum man nicht wachsam genug war, soweit sich dies uns erschließt.
– Sind wir trotz allen ernsthaften Versuchen nicht stark genug, das böse Gerede zu vermeiden, und nicht durch objektive Umstände gezwungen, die andere Person zu treffen, dann ist auf einem geeigneten Weg der Kontakt zumindestens für eine Zeit lang abzubrechen.
– Können wir aber aus übergeordneten Gründen den Kontakt nicht meiden, dann ist bewußt jedes überflüssige Wort zu vermeiden, und sofort das Gespräch zu einem anderen Thema zu lenken, wenn es sich dem Negativen annähert. Man kann dem Geprächspartner auch sagen, daß man nicht mehr schlecht über andere Menschen sprechen möchte. Das könnte ihn u.U. zum Nachdenken bringen.
Wichtig ist es, sich im Gebet auf jede neue Begegnung mit der betreffenden Person vorzubereiten und die Hilfe Gottes dafür anzurufen, und außerdem die Entscheidung zu erneuern, diesen alten Weg zu verlassen.
Wir können darauf vertrauen, daß Gott uns lehren wird, wie wir mit einer solchen Situation im Geiste umgehen können. In den Niederlagen – trotz unserer aufrichtigen Bemühungen – lernen wir Demut, und merken, daß wir ohne die Hilfe und das Eingreifen Gottes keinen Fortschritt machen. Unser Herz wird auch dankbar werden, wenn wir erkennen, daß der Herr uns nicht etwa fallenläßt, sondern mit Geduld und Liebe auf uns einwirkt, damit wir unsere Schwächen und bösen Neigungen in seiner Kraft überwinden.
Dies mag zunächst als Antwort auf die Frage gelten. Ich verweise auf die angegebenen Meditationen und Texte in denen noch weitere Ratschläge zu finden sind.
Allgemein gilt: Wir müssen im Herrn bewußt den Kampf gegen unsere Schwächen und negativen Neigungen angehen. Dabei stehen wir nicht allein, vielmehr hat der Herr sie bereits für uns überwunden. Deshalb braucht es auch kein verkrampftes Kämpfen, sondern ein entschiedenes. So werden wir gestärkt, damit wir das hohe Gut, als Kinder Gottes leben zu dürfen, festigen, und auch die Macht der Finsternis insgesamt schwächen. Dies ist das Werk Gottes in uns. Je mehr wir ihm verbunden sind, desto leichter wird dieses Werk geschehen. Deshalb ist die beste Waffe gegen alle Arten der Versuchung, immer tiefer mit Gott verbunden zu leben, und besonders auch die Fürsprache der Gottesmutter Maria zu erbitten.