Das stille Verweilen vor dem eucharistischen Herrn im Tabernakel oder im ausgesetzten Allerheiligsten hat eine große Auswirkung auf die Vertiefung des Gebetes. Deshalb seien, im Rahmen der Reflexionen über das Gebet, der eucharistischen Anbetung zwei eigene Betrachtungen gewidmet!
Denjenigen, die mit der katholischen Frömmigkeit nicht vertraut sind, sei kurz erklärt: Katholiken glauben, daß nach der Wandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut Christi auch nach der Heiligen Messe Christus in der Hostie gegenwärtig bleibt. Deshalb machen die Katholiken eine Krniebeuge vor dem Tabernakel, in dem die gewandelten Hostien aufbewahrt werden.
Die innere Wirkung der Präsenz des eucharistischen Heilands ist vielleicht nicht immer unmittelbar wahrzunehmen; handelt es sich bei der eucharistischen Anbetung doch um einen Vorgang, der im Glauben von uns wahrgenommen wird! Tatsächlich erschliesst sich die Gegenwart Christi im Sakrament nur mit den Augen des Glaubens! Wir glauben, weil es uns das Wort Gottes und die Kirche so sagt und weil der Herr nach der heiligen Wandlung auf geistige Weise in seinem Fleisch und Blut gegenwärtig ist und unseren Glauben erweckt! Mit unseren äusseren Augen sehen wir nur die weisse Hostie, mit den Augen des Glaubens wissen wir um die Gegenwart des Herrn!
Eigene Erfahrung:
In den Jahren zwischen 1977-1980, unmittelbar nach meiner Bekehrung, ging ich öfters in die katholische Kirche, um dort zu beten und an der Heiligen Messe teilzunehmen! Ich war noch nicht katholisch, aber ich bemerkte eine besondere Atmosphäre in der Kirche, und besonders nach der Wandlung (damals hörte ich nur die Glöckchen, ohne zu wissen, was geschah) spürte ich eine Stille und einen Frieden! Deshalb kam ich immer wieder, um die Stille in der Kirche aufzunehmen! Später dann, als ich katholisch wurde und sehr schnell auch die eucharistische Anbetung kennenlernte, wusste ich, was mich immer so angezogen hatte! Es war die eucharistische Gegenwart des Herrn im Tabernakel!
Heute erleben manche in der Krypta unseres Klosters Frauenberg ähnliches!
Menschen, die gar nicht wissen, dass es Jesus ist, dessen Gegenwart sie in der Monstranz wahrnehmen, verweilen länger vor dem ausgesetzten Allerheiligsten, weil sie der Herr selbst auf ihnen verborgenen Wegen anspricht!
Die Wirkung der Gegenwart der heiligsten Eucharistie kann auch Menschen berühren, die noch nicht im Glauben stehen. Im Falle des Frauenbergs fragen sie dann manchmal, was es denn mit der Hostie in der Monstranz auf sich habe, und es kann so zu wichtigen Glaubensgesprächen kommen!
Was geschieht denn im Inneren unserer Seele, wenn wir in der Gegenwart des Herrn verweilen?
Wir Katholiken nennen es die geistige Kommunion! In diesem Fall nehmen wir die Gegenwart des Herrn nicht durch die Vermittlung der Sinne auf, wie es beim Empfang der Heiligen Kommunion geschieht, sondern direkt in unserem Geist. Gott spricht auf diese Weise sehr sanft zu unserer Seele! Vielleicht können wir sagen, daß dies in der “Weise des Lammes” geschieht! Seine Gegenwart in der heiligen Eucharistie ist wie ein sanfter Wind, der unsere Seele streichelt; sie empfängt eine milde Wärme und seine Gegenwart wird zunehmend vertrauter!
Dieser Weg des milden Eindringes in unsere Seele erinnert an die Pfingstsequenz, wo es heißt: “In der Unrast schenkst Du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu, spendest Trost in Leid und Tod!”
Die Einübung in die Stille vor dem Tabernakel beheimatet unsere Seele im Herrn und läßt das Verlangen nach seiner Gegenwart wachsen. Da unser geistlicher Weg ein immer tieferes “Nach-Hause-Kommen” in das Herz unseres Vaters bedeutet, ist die eucharistische Anbetung – auch als Fortsetzung des Empfangs der heiligen Kommunion – ein vorzügliches geistliches Mittel für das Wachsen in der Liebe.
Vor Gott sind wir ja in erster Linie empfangende Menschen. So ist es in der Zeit und auch in der Ewigkeit. Deshalb finden wir in der Stille vor dem Herrn im Tabernakel immer mehr innere Ruhe und Beheimatung. Dies wiederum ist für unsere Seele in der umtriebigen Welt von großer Bedeutung, denn das Gebet soll ja nicht eine Art lästiger Pflicht sein, der man sich zu unterziehen hat, sondern ein Vorgeschmack des Himmels.
Wer beginnt, die eucharistische Anbetung häufiger zu besuchen, wird merken, daß sie zu einem wachsenden inneren Bedürfnis wird, zum täglichen geistigen Brot, welches uns an das Wesentliche erinnert, nämlich beim Herrn zu verweilen
Für Gott ist es eine wunderbare Möglichkeit, sich uns mitzuteilen, in uns dauerhaft Wohnung zu nehmen, um uns mit seiner Gegenwart zu beschenken!