MEIN HERZ WENDET SICH GEGEN MICH

85. Kleine Vaterbetrachtung

“Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben Israel? Wie könnte ich dich je preisgeben wie Adma, dich behandeln wie Zebojim? Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf!” (Hos 11,8)

Wenn nur die Sehnsucht in uns wachsen würde, das Herz unseres Vaters besser kennenzulernen! Dann würde wohl das Eis um unser Herz rascher aufschmelzen, seine Liebe in uns eindringen, uns verwandeln und so fähig machen, zu lieben wie er.

Wer liebt und mehr lieben will, muß auch bereit sein, Leid zu ertragen, denn oft ist es so, “daß die Liebe nicht geliebt wird”, wie ein Heiliger Franziskus es beklagte.

In den anfangs zitierten Worten aus dem Propheten Hosea begegnen wir dem liebenden Herzen unseres Vaters.

Gott will sein Volk nicht den Mächten der Zerstörung überlassen – trotz aller Vergehen und der Zurückweisung seiner Liebe. Israel ist unauslöschbar in seinem Herzen eingeschrieben und hat dort seinen Platz. Gott selbst hat doch dieses Volk geschaffen! Gott hat es gerufen und ihm durch den Propheten Hosea kundgetan: “Ich verlobe dich mir auf ewig; () ich verlobe dich mir um den Brautpreis der Treue.” (Hos 2,21)

Sein Volk Israel dann zurückzuweisen und auszuliefern, würde für unseren Vater bedeuten, gegen sein eigenes Herz angehen zu müssen. Das kann und will Gott nicht! Sein Mitleid lodert auf, d.h. es wird zur Flamme und will sich dem Elend des Menschen annehmen.

Gott will nicht etwa verstoßen, sondern vergeben. Gott will nicht den Menschen der Fremde überlassen, sondern ihn heimführen. Gott leidet am Kreuz für jene, die ihn zurückstoßen. Sein Herz öffnet sich, um alle Menschen heimzuführen.

Immer ist es der Mensch, der sich von Gott trennt. Immer ist es Gott, der ihn zu sich zurück ruft. “Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.” (2 Tim 2,13)