Joh 8,1-11
Jesus aber ging zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!
Am heutigen Sonntag betrachten wir einen Text, der insbesondere in der gegenwärtigen Zeit zu Auseinandersetzungen geführt hat! Die katholische Kirche hat bisher immer in ihrer Interpretation der Worte Jesu daran festgehalten, daß eine zweite Verbindung von Mann und Frau Ehebruch sei, wenn noch eine gültige Ehe besteht! Daraus folgerte man, daß man nicht die heiligen Sakramente empfangen konnte! Das ist besonders im Zuge des gegenwärtigen Pontifikates ins Wanken geraten!
Doch zunächst der Blick auf das Evangelium!
Ehebruch galt zu Zeiten des Alten Testamentes als eine schwere Sünde und wurde, wie es die Schriftgelehrten in diesem Fall auch forderten, mit dem Tode bestraft! Die Ehe ist ja, wie es uns der hl. Paulus vor Augen stellt, ein Abbild der Beziehung von Gott mit dem Menschen! Der Bruch dieses Bundes spiegelt den Bruch des Bundes, welcher Gott mit den Menschen geschlossen hat wider! Deshalb wird im Alten Testament oft von Hurerei gesprochen, wenn man ausdrücken möchte, daß das Volk Israel sich anderen Göttern zugewandt hat!
Und in der Tat: Ein Ehebruch geht sehr tief, weil er einen Verrat der wahren Liebe darstellt! Die ganze Hingabe einer Person an eine andere hat einen speziellen Ausschließlichkeitscharakter, denn sie kann nur dieser einen Person geschenkt werden! In gewisser Weise ist der Ehebruch auch eine Art Tod der Liebe!
Das spiegelt sich in der Beziehung zwischen dem Menschen und Gott wider!
Die besondere Liebe, nämlich die ganze Hingabe unserer Person, schenken wir alleine Gott! Wir können nicht gleichzeitig auf dieselbe Weise einen Menschen lieben! Es wäre – um in der Sprache der Heiligen Schrift zu bleiben – Götzendienst!
Die Frau, von der wir im heutigen Evangelium hören, hat sich also wirklich schuldig gemacht! Davon wird nicht abgesehen und Jesus relativiert dies auch nicht! Doch ist der Herr nicht auf die Erde gekommen, um die Menschen für all ihre Sünden zu bestrafen, sondern um ihnen zu verzeihen, ihnen die Umkehr anzubieten! Deshalb möchte er zunächst die Schriftgelehrten verstehen lassen, daß sie selbst auch der Vergebung und Umkehr bedürfen! Der Satz: „Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe als Erster den Stein“ trifft sie, denn keiner wagt es, einen Stein zu werfen! Das Wort des Herrn wird sie an ihre eigenen Sünden erinnert haben! Sie gehen weg!
Für uns ist dies eine wichtige Botschaft: Sünde bleibt Sünde! Sie darf nicht verharmlost werden, denn sonst leben wir nicht mehr in der Wahrheit! Doch sind wir nicht gerufen, das Urteil über den Sünder zu sprechen, sondern zu verstehen, daß der Herr gekommen ist, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten! Deshalb muß es unser Ansinnen sein, nicht den Zorn des Herrn auf den Sünder herabzurufen, sondern Gottes Erbarmen!
Jesus verurteilt die Frau nicht, mahnt sie aber, nicht mehr zu sündigen!
Das ist auch die gültige Ausrichtung in Bezug auf das gegenwärtige Problem! Bestimmte Kreise in der Kirche drängen darauf, diejenigen, welche eine zweite Verbindung eingegangen sind, unter bestimmten Umständen – obwohl die sakramentale Ehe noch existiert – zur heiligen Kommunion zuzulassen! Sie glauben, damit Barmherzigkeit zu erweisen! Die Barmherzigkeit Gottes besteht jedoch darin, die Sünde zu vergeben – auch die schweren Sünden – und uns die Kraft zu schenken, gegen die Neigungen zur Sünde anzugehen! Gott möchte unsere Sünden auslöschen, vergessen, uns reinwaschen! Doch ist damit die Umkehr verbunden und nicht die Fortsetzung eines Zustandes, welcher seinen Geboten widerspricht!
Deshalb ist es richtig, der bisherigen Lehre der Kirche zu folgen und Menschen, welche sich in einer solchen Situation befinden, mit Liebe und ohne Verurteilung der Person zu begegnen! Doch muß es das Ziel aller Bemühungen bleiben, ihnen zu helfen, daß ihr Leben wieder ganz vor Gott geordnet wird und sie den Mut finden, enthaltsam zu leben, um dann auch durch die Sakramente tiefer mit Gott verbunden und gestärkt zu werden!
An dieser Stelle noch ein Hinweis auf die Ehenichtigkeit, weil ich danach gefragt wurde! Die Erklärung der Ehenichtigkeit ist nicht etwa eine Art „katholische Scheidung“, wie sie gerne betrachtet wird! Es ist die Feststellung, daß zum Zeitpunkt der Eheschließung es Elemente gab, welche die Gültigkeit der Ehe zunichtemachen (z.B. das Verschweigen einer schweren psychischen Krankheit, die Verneinung, Kinder zu bekommen, verschiedene zwanghafte Umstände usw.) Wenn die Ehenichtigkeit durch die Kirche in einem aufrichtigen Verfahren festgestellt wird, dann hat keine gültige Ehe bestanden und man kann eine neue Verbindung eingehen!