Wie bereits gestern erwähnt, möchte ich es nicht versäumen, immer wieder an die Heilige Jeanne d‘Arc zu erinnern. Der 30. Mai 1431 war ihr Todestag, an dem sie in Rouen (Frankreich) öffentlich auf dem Marktplatz als Hexe verbrannt wurde. Ich lade sehr herzlich ein, sich das Hörspiel[1] anzuhören, welches einen guten Eindruck von der Mission der Heiligen gibt. Der ungerechte kirchliche Prozeß gegen sie wurde fünfundzwanzig Jahre nach ihrem Tod annulliert. Im Jahre 1920 wurde Jeanne d‘Arc heiliggesprochen.
Es gibt unendlich viel über die Heilige Jeanne d‘Arc zu berichten. Ihr Leben ist sehr gut dokumentiert. Ihre Geschichte ist so ungewöhnlich, daß sich bis heute immer wieder Menschen neu mit ihr beschäftigen, wenn sie einmal mit ihr in Berührung gekommen sind.
Zwischen der Heiligen und unserer Gemeinschaft gibt es eine Besonderheit, die ich heute gerne mit Euch – als Brüder und Schwestern des Glaubens – teile. Innere Erlebnisse bedürfen der Überprüfung, denn sie sind ja nicht wie wissenschaftliche Erkenntnisse zu beweisen. Dieses Erlebnis wurde jedoch zu einem fruchtbaren Antrieb, der bis heute andauert…
Es war im Jahr 2014, als ich mit einigen Mitgliedern unserer Gemeinschaft in Rouen war, um den Ort zu besuchen, an dem die Heilige Jeanne d‘Arc verbrannt wurde. Wir beteten an der entsprechenden Stelle des Marktplatzes und sangen dort die Vesper. Während des Gebetes hörte ich jemanden leise mitsingen. Es konnte niemand von uns gewesen sein und eine andere Person war auch nicht in der Nähe.
Als wir nach der Vesper noch in der Stille verweilten, vernahm ich eine Stimme, die ich als die Stimme der Heiligen Jeanne identifizierte. Sie drückte ihre Freude aus, daß wir sie mit unserem Besuch an diesem Ort ehrten.
Dann hörte ich einen Satz, der uns bis heute bewegt und auch erklärt, warum wir gerade mit ihr so sehr verbunden sind. Ich verstand in meinem Inneren, daß Jeanne darum bat, daß wir helfen sollten, daß ihre Ehre auf der Erde vollständig hergestellt werde. Dieser Satz verblüffte mich derart, daß ich ihn zunächst nur für mich behielt und den Geschwistern nichts darüber sagte. Er war mir zunächst unverständlich. Ich dachte für mich, daß Jeanne doch im Himmel sei, wo sie sicher mit all den Ehren einer Märtyrerin aufgenommen wurde. Auch wußte ich ja, daß sie bereits heiliggesprochen war. Warum war es ihr dann ein Anliegen, daß ihre Ehre auf der Erde vollständig hergestellt werden sollte?
Es hat einige Zeit gedauert, bis ich verstehen konnte, warum Jeanne dies erbat.
Zunächst ist mir bei der näheren Beschäftigung mit der Heiligen deutlich geworden, daß in der Literatur oft ein verzerrtes Bild von ihr vermittelt wird. Nicht selten versucht man die übernatürliche Dimension des Geschehens auszublenden. Manche Autoren wollen sie gar als eine psychisch gestörte Person darstellen. Auch Filme über sie sind nicht selten banalisierend und vieles mehr. Als ich all das bemerkte, war die Frage aber für mich noch immer nicht vollständig beantwortet.
Doch schließlich verstand ich es.
Die Ehre eines Heiligen ist die Ehre Gottes! Wenn wir einen Heiligen ehren, ehren wir zuerst Gott, der Großes an diesem Menschen getan hat. Denken wir an die Heilige Gottesmutter: “Großes hat an mir getan der Mächtige, sein Name ist heilig.” (Lk 1,49)
Es ging also Jeanne nicht primär um ihre persönliche Ehre. Sie möchte wohl, daß durch ihr Leben und ihren Tod Gott geehrt und verherrlicht wird, der auf so wunderbare Weise in ihrem Leben gewirkt hat. Wenn das Bild von Jeanne d‘Arc verzerrt, der Lächerlichkeit preisgegeben und der übernatürlichen Dimension beraubt wird, dann können die Menschen nicht die Botschaft und Güte Gottes erkennen, welche in ihrem Leben und ihrer Mission so deutlich werden. Gerade durch ihr Leben wird überdeutlich, wie Gott in eine aussichtslose Situation eingreifen und sich bezeugen kann. Unzählige Beispiele aus dem Leben Jeannes könnten aufgezeigt und somit glaubenserweckend werden.
Wir betrachten Jeanne in großer Liebe als unsere Schwester und haben sie als Patronin von “Balta-Lelija” erwählt, einer Initiative zum geistig-geistlichen Widerstand gegen antichristliche Strömungen.
Gottes Ehre zu dienen ist ein mächtiger Antrieb. Sie wird so unendlich viel verletzt und es tut im Herzen weh, daß unserem Himmlischen Vater auf der Erde viel zu wenig Ehre gezeigt wird. Jeanne hat ihm alle Ehre geschenkt und nahm auch den Feuertod, den sie am meisten gefürchtet hatte, aus seiner Hand an. Sie war neunzehn Jahre alt, als sie ihn erlitt, und war auf mehreren Ebenen verraten worden. Der König, welcher ihr seine Krönung in Reims zu verdanken hatte, kümmerte sich nicht um sie, als sie in Gefangenschaft geriet. Eine fremde Besatzungsmacht vollzog das Todesurteil. Der Bischof von Beauvais, und mit ihm viele gelehrte Kleriker, verurteilten sie als Hexe.
Parallelen zum Tod des Herrn sind unübersehbar.
Es ist uns daher ein großes Anliegen, dem Wunsch unserer Schwester nachzukommen. Es geht primär um die Ehre Gottes, aber dann auch um die Ehre der Heiligen Jeanne. Sie war dem Herrn treu bis in den Tod und hat nicht gezögert, dieser ihrer Mission zu dienen. So hat sie uns gezeigt, daß man Gott mehr lieben kann als das eigene Leben (vgl. Lk 14,26).
Es ergeht nochmals eine Einladung für das Hörspiel. Wir werden von Zeit zu Zeit immer wieder auf Jeanne d‘Arc zurückkommen…