127. Kleine Vaterbetrachtung
“Würdest du, Herr, die Sünden beachten, mein Herr, wer könnte bestehen?
Doch bei dir ist Vergebung, damit man in Ehrfurcht dir dient.” (Ps 130,3-4)
In Anbetracht der Schwere der Sünde können wir nur stumm werden vor dem Herrn des Himmels und der Erde und “die Hand auf unseren Mund legen” (Hiob 40,4).
Wer könnte bestehen vor der Gerechtigkeit Gottes? Welch unaussprechliche Qual würde auf eine Seele warten, würde sie in der schweren Sünde verharren und die Vergebung Gottes nicht suchen und annehmen! Eine Ewigkeit getrennt von dem liebenden Vater und gequält von den unbarmherzigen Dämonen – welch entsetzliche Aussichten!
So schrecklich diese Wirklichkeit ist, so kann der Gedanke daran doch heilsam und zum Rettungsanker für den Menschen werden, denn umso leuchtender wird ihm die Barmherzigkeit Gottes begegnen.
Bei Gott ist Vergebung, weil es der unauslöschliche Wille unseres Vaters ist, dem Menschen
seine Liebe zu schenken, trotz der Schwere der Sünde. Wenn der Sünder dies versteht und Gottes Liebe staunend und dankbar aufnimmt, dann führt es ihn zur Ehrfurcht, wie es uns der Psalmist sagt.
Zudem hört er Gott sprechen:
“Wären deine Sünden rot wie Scharlach, so will ich sie weiß machen wie den Schnee. Und wären sie dunkel wie Purpur, ich will sie rein machen wie die Wolle.” (Jes 1,18)
Selbst der größte Sünder kann noch heilig werden, wenn er die Gnade der Vergebung annimmt.
Und er soll – wie wir alle, die wir unserem Vater dienen wollen – aufnehmen, was der Sohn Gottes einer begnadeten Seele mitgeteilt hat:
“Willst Du mir eine Freude bereiten, dann glaube an meine Liebe;
willst Du mir eine noch größere Freude bereiten, dann glaube noch mehr an meine Liebe;
die allergrößte Freude aber bereitest Du mir dann,
wenn du deinem Glauben an meine Liebe keine Grenzen mehr setzt.”
(Sr.Benigna Consolata Ferrero)