Nachdem wir in den beiden Meditationen zuvor betrachtet haben,wie nötig es ist, daß unser natürliches Leben vom geistlichen Leben durchdrungen ist, damit es einen übernatürlichen Charakter gewinnt, kommen heute nun einige konkrete Hilfestellungen zur Sprache.
- Das Herzensgebet
Kurz möchte ich auf das überaus wertvolle Herzensgebet, auch Jesusgebet genannt, hinweisen, das ursprünglich aus der orientalischen Christenheit stammt. Es ist die meditative Wiederholung des Gebetes: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich unser.“ Dieses Gebet, welches man vorzüglich in der Stille beten sollte, wird – je intensiver es gepflegt wird – zu einem inneren Bedürfnis. Das Herz kann sich in diesem Gebet sehr leicht zu Gott erheben und bei ihm verweilen. Sogar bei Arbeiten, welche nicht unsere ganze Konzentration erfordern, kann dieses Gebet weiter in uns wirken und hilft, sich immer mehr auf Gott auszurichten. Die Seele wird auf diesem Weg im Herrn beheimatet.
Näheres über das Herzensgebet kann man in der Literatur finden. Auf Anfrage schicken wir gerne eine ältere Ansprache zu, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat.
2. Die Spur des Tages entdecken
Jesus weist uns im Evangelium darauf hin, daß jeder Tag seine eigene Plage hat (vgl. Mt 6,34), wir könnten auch sagen, daß jeder Tag seinen eigenen Auftrag hat.
Vergegenwärtigen wir uns, daß jeder Tag von Gott geführt ist. Neben unseren täglichen Pflichten können wir meist über einen bestimmten Zeitraum verfügen, den wir nicht schon bestimmt haben. Gerade hier gilt es, aufmerksam zu sein, um die feinen Hinweise des Geistes Gottes wahrzunehmen. So vermögen wir zu entdecken, wie Gott uns durch den Tag begleitet und besser wahrzunehmen, was denn die Aufgabe des jeweiligen Tages ist. Mit dem Blick auf Gott entkrampfen wir uns und wechseln in gewisser Weise die Perspektive. Es sind dann nicht nur die verschiedenen Verpflichtungen, denen wir uns zu stellen haben und die u.U. mit großer Anstrengung und eigener Kraft „abgearbeitet“ werden müssen, sondern die innere Verbindung mit Gott und die „Spur des Tages“ läßt uns mit Gottes Kraft unsere Arbeit behende tun. Jede Tätigkeit wird dann leichter von der Hand gehen, weil sie mehr von Gottes Gegenwart getragen ist. Wir leben weniger aus der eigenen Kraft und mehr durch den Antrieb und die Kraft des Herrn.
- Geistliche Strukturierung des Alltags
Um unser Herz dauerhaft zu Gott hingeneigt zu halten, sind regelmäßige Gebetszeiten eine große Hilfe. Von uns aus sind wir geneigt, uns sehr leicht zerstreuen zu lassen. Deshalb haben wir uns immer wieder auf Gott hin zu sammeln. Während man sich im klösterlichen Leben selbstverständlich leichter auf das regelmäßige Gebet konzentrieren kann, wird dies bei einem Leben in der Welt kaum in derselben Weise möglich sein. Doch gilt auch hier: Regelmäßige Gebetszeiten sollten unter den normalen Bedingungen des Lebens in der Welt möglich sein. Ohne die uns aufgetragenen Pflichten etwa zu vernachlässigen, ist es wichtig, nach Zeiten für das Gebet Ausschau zu halten. Es ist von großem Gewinn, wenn wir sorgfältig prüfen, wo wir Zeit für Gott finden können! Wie viele weniger wichtige Dinge könnten wir ohne Schaden zurücklassen, um uns stattdessen dem Wesentlichsten zuzuwenden! Die Einkehr bei Gott in regelmäßigen Gebetszeiten ruft uns immer wieder in seine Gegenwart zurück und formt unseren Tag. Wir lernen auf die Gebetszeiten hin zu leben. Sie werden uns immer mehr zur Orientierung und gestalten den Alltag geistlich um.
- Im Auftrag handeln
Eine große Hilfe ist es, um den Tag geistlich zu strukturieren, sich zu vergegenwärtigen, daß man auch im Alltag als Jünger Christi handelt, also im Auftrag Christi steht. Die persönliche Heiligung, die Erfüllung unserer Pflichten in seinem Geist, wird zu einem Zeugnis für den Herrn. Sind wir uns dessen bewußt, so hilft das, uns aus vielfältigen Formen der Selbstbefangenheit zu lösen.
Der heilige Benedikt lehrt seine Mönche, daß sie immer bewußt in der Gegenwart Gottes leben sollen. Wir können diesen Rat aufnehmen und ihn im konkreten Leben verwirklichen. Wenn wir das tun, dann erhebt sich unser Blick häufiger zum Herrn und wir fragen in unserem Herzen, ob wir den Auftrag des Tages erfüllt haben. Der im Auftrag Handelnde weiß sich gesendet und seinem Herrn verpflichtet. Die Rückversicherung, ob man seinen Auftrag erfüllt, wird zu einer inneren Haltung. Es wächst die Vertrautheit mit Gott und damit geschieht auch die geistliche Durchdringung des Alltags.