179. Kleine Vaterbetrachtung
“Die Weisung des Herrn ist vollkommen. Sie erquickt den Menschen” (Ps 19,8)
Ohne Fehl und Tadel sind die Weisungen unseres Vaters, welche sein Geist der Weisheit uns schenkt. So wie gute Nahrung unseren Leib stärkt und frisches Wasser ihn belebt, so wird unsere Seele durch sein Wort aufgerichtet und ausgerichtet auf ihr Ziel hin.
Der Weise hält deshalb Tag und Nacht Ausschau nach der Weisung des Herrn. Er sucht sie am frühen Morgen, geht nicht schlafen, ohne sie gefunden zu haben, und hält in der Nacht Wache, um sie niemals zu verpassen. Nichts will er ohne Weisung tun, denn die Pläne der Menschen sind nichtig, wenn sie nicht vom Herrn erleuchtet werden (vgl. Ps 94,11).
Unverständig ist es, sich auf Menschenweisheit und eigene Erkenntnis zu verlassen. Ihnen fehlt jenes Licht, welches sich vom Herzen Gottes in die Seele ergießt und diese mit der Schönheit Gottes zu zieren weiß. Es fehlt jene wohlschmeckende Weisheit, die nur dem übernatürlichen Wissen in der Liebe des Herrn zu eigen ist. Deshalb erquickt sie die Seele auch nicht, sondern diese bleibt ungesättigt, auch wenn sie noch so viel Wissen ansammelt.
Unser Vater hält diese erquickende Weisung immer für uns bereit. Nie bleibt sie uns versagt, wenn wir aufrichtig nach ihr forschen. Sie springt von seinem liebenden Herzen in unsere offene Seele und entzündet dort ihr liebliches Feuer. Jede himmlische Weisung beheimatet und befestigt unsere Seele so in Gott, daß alles andere ihr wertlos erscheint. Es ist, wie der Heilige Paulus es sagt: “Wir verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, (…) Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit” (1 Kor 1,23f).
Wohl dem, der die Weisungen des Herrn aufrichtig sucht!