259. Kleine Vaterbetrachtung
“Der Herr ist gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Huld.” (Ps 145,8)
Eine der wunderbaren Eigenschaften unseres Vaters ist seine Langmut. Er wartet auf uns. Immer wieder bietet er den Menschen die Umkehr an und müht sich bis zum letzten Augenblick, den Menschen zu retten.
Schon längst hätten Menschen das Gericht verdient – doch die Liebe unseres Vaters drängt ihn, geduldig auszuharren und ihnen seine Langmut zu erweisen. Unser Vater verfolgt sein Ziel, die Menschheit zu retten, und kommt nicht “in der Hitze des Zorns” (Hos 11,9), sondern als “das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt” (Joh 1,29).
Unser Vater zögert nicht etwa in einer Art und Weise, wie wir es vielleicht von uns selbst kennen, wenn wir, noch unsicher oder furchtsam, vor Entscheidungen stehen. Beim Herrn hingegen kommt die Langmut und sein »Zuwarten« aus der Sicherheit der Liebe. Er führt seinen Plan des Heils in äußerster Beharrlichkeit und Geduld aus.
Wäre es nicht so, wie oft wäre die Erde schon vernichtet worden, wenn wir Menschen in unserem Unverstand und unserer Neigung zur Selbstzerstörung den himmlischen Vater durch schwere Sünden immer wieder beleidigt haben! Wäre unser Vater nicht “ langmütig und reich an Huld”, wie könnten wir bestehen?
Zu diesen göttlichen Eigenschaften gehört es, daß sie unsere menschliche Natur weit übersteigen und wir dankend und bewundernd sie betrachten und erleben dürfen.
Doch wird es uns durch die Gnade Gottes geschenkt, sie auch zu erwerben. Wenn wir vollkommen werden sollen wie unser Vater im Himmel – was uns Jesus so sehr ans Herz legt (Mt 5,48) – dann können wir die Wesensart unseres Vaters annehmen. Welche Wohltat wird das für die Menschen sein, denen wir auf unserem Lebensweg begegnen!