Mk 12,13-17
In jener Zeit wurden einige Pharisäer und einige Anhänger des Herodes zu Jesus geschickt, um ihn mit einer Frage in eine Falle zu locken. Sie kamen zu ihm und sagten: Meister, wir wissen, daß du immer die Wahrheit sagst und dabei auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst nicht auf die Person, sondern lehrst wirklich den Weg Gottes. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen? Er aber durchschaute ihre Heuchelei und sagte zu ihnen: Warum stellt ihr mir eine Falle? Bringt mir einen Denar, ich will ihn sehen. Man brachte ihm einen. Da fragte er sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Da sagte Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Und sie waren sehr erstaunt über ihn.
Wenn jemand sein Herz gegen einen anderen verschlossen hat, dann ist es für ihn sehr schwer, eine andere Sicht zu gewinnen und nicht jenen Eingebungen zu folgen, die sein mißtrauisches Herz hervorbringt. Da aus dem Herzen des Menschen viel Böses kommen kann (vgl. Mt 15,19), ist die Reinigung des Herzens eine so wichtige Aufgabe. Meist legt sich aber über das Herz, das nach dem Bösen trachtet, der Stolz, der ein Umdenken verhindert. Selbst ein Nachweis, daß es sich anders verhält, als man es angenommen und dem anderen unterstellt hat, genügt oft nicht, ihm wirklich gerecht zu werden, und erst recht nicht, ihn mit Liebe anzuschauen.
Um eine solche Herzensverhärtung handelte es sich bei jenen, die Jesus gerne verhaftet hätten, aber das Volk fürchteten (vgl. Mt 21,46). Daraus entstand die Heuchelei, mit der sie den Herrn in eine Falle locken wollten. Hätten sie doch wenigstens ihre eigene Aussage über Jesus ernst genommen! “Meister, wir wissen, daß du immer die Wahrheit sagst und dabei auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst nicht auf die Person, sondern lehrst wirklich den Weg Gottes.”
Sie wäre eine Einladung gewesen, sich im Licht dieser Aussage zu überprüfen! Doch das eine sagen und anderes beabsichtigen weist schon auf ein verdorbenes Herz hin; Bosheit und Verstellung sind schon zur Gewohnheit geworden.
Jesus, der die Herzen kennt, bemerkt die Heuchelei und ihre Absicht. Eigentlich hätte er auf die Frage nicht antworten müssen, denn sie kam aus unlauterem Herzen. Doch schenkte Jesus eine Antwort, die auf eine schwierige Frage bis heute Gültigkeit hat: Was sind die Gläubigen dem Staat schuldig und was sind sie Gott schuldig?
Während wir Gott alles schuldig sind, schulden wir “dem Kaiser” das, was er gerechterweise von uns erwarten kann. In diesem Fall sind es die Steuern, denn die Kinder Gottes sind auch Bürger eines irdischen Reiches und halten sich an die Regeln dieses Reiches, wenn nicht Dinge verlangt werden, die gegen Gott stehen. Jesus ließ sich also nicht in die Falle ziehen, als Feind des Kaisers oder Feind Gottes dazustehen, wie es beabsichtigt war.
Aber Jesus zeigt uns noch mehr, nämlich daß wir mit Klugheit solchen Fallen ausweichen können und am Ende die Fallensteller entlarvt sind. Wenn vielleicht auch ihre Bekehrung in dieser Situation unwahrscheinlich ist, so werden doch die Außenstehenden belehrt. Das ist auch ein wichtiger Aspekt, wenn wir uns in einer ähnlichen Situation befinden. Die Anrufung des Heiligen Geistes mag uns das Licht für die Situation und die rechte Antwort schenken.
Aber auch die Tatsache der Heuchelei können wir für unser geistliches Leben nutzbar machen, wenn wir sie als böse Frucht des Herzens betrachten. Sie weckt uns auf, unsere eigenen Motivationen zu überprüfen. Wir sollen ja nicht Menschen mit “zwei Herzen” sein, sondern das Herz soll lauter sein. Deswegen ist es gut, bei sich selbst und den eigenen Absichten immer die Möglichkeit einer sogenannten Koexistenz zu überprüfen. Damit ist gemeint, daß wir vielleicht mit der nach außen gezeigten guten Absicht auch noch eine andere verbinden, die mehr auf die Erfüllung eigener Interessen gerichtet ist. Wenn wir uns ihrer nicht genügend bewußt werden und Stellung dazu beziehen, dann kann in unsere Art etwas Fremdes einströmen.
Im Sinne der Reinigung unseres Herzens ist es wichtig, Selbsterkenntnis zu gewinnen und möglichst schon an ersten Neigungen unseres Herzens zu arbeiten, wenn diese nicht mit dem Licht des Evangeliums übereinstimmen. Je wachsamer wir dabei werden, desto leichter wird es für den Heiligen Geist sein, unser Herz zu reinigen, damit sich die bösen Neigungen nicht ungehindert entfalten können und uns und andere Menschen vergiften.
Zum Thema Selbsterkenntnis kann man sich auf meinem YouTube-Kanal Elijerusalem einen Vortrag ansehen, der allerdings nur auf Englisch und Spanisch vorhanden ist: