1 Kor 4,1-5
Als Diener Christi soll man uns betrachten und als Verwalter von Geheimnissen Gottes. Von Verwaltern aber verlangt man, daß sie sich treu erweisen. Mir macht es allerdings nichts aus, wenn ihr oder ein menschliches Gericht mich zur Verantwortung zieht; ich urteile auch nicht über mich selbst. Ich bin mir zwar keiner Schuld bewußt, doch bin ich dadurch noch nicht gerecht gesprochen; der Herr ist es, der mich zur Rechenschaft zieht. Richtet also nicht vor der Zeit; wartet, bis der Herr kommt, der das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen aufdecken wird. Dann wird jeder sein Lob von Gott erhalten.
Welche Weisheit begegnet uns in den wenigen Worten des Apostels, die große innere Auswirkungen haben, wenn wir sie tiefer in uns eindringen lassen.
Zunächst sind wir als Christen Diener und Verwalter der Geheimnisse Gottes.
Ein Diener ist darauf bedacht, daß seinem Herrn die Ehre erwiesen wird und sucht nicht etwa das Lob für die eigene Person. Er tritt immer zurück, macht den Weg für die Verherrlichung Gottes frei und handelt in der rechten Demut. Diese ist es dann, die ihn darauf aufmerksam macht, ob er im Geist des Dienens bleibt oder ob unzulässig eigene Interessen (sog. Koexistenzen) mit einfließen. Bei Paulus können wir diese Haltung wahrnehmen, denn es geht ihm nicht um die eigene Person, sondern immer darum, daß der Herr tiefer erkannt werden möge. “Der Diener ist nicht größer als sein Herr” (Joh 13,16), so lehrt es uns Jesus.
Die Treue eines Verwalters besteht darin, alles im Geist der Verantwortung vor seinem Herrn zu verrichten. Das ihm anvertraute Gut ist unendlich groß, er muß es hüten und gleichzeitig vermehren.
Wir hüten den uns anvertrauten Schatz, indem wir sorgsam auf das Heiligtum unserer Seele und den Weg der Heiligkeit achten und den Leib als “Tempel des Heiligen Geistes” (1 Kor 6,9) schützen. Leib und Seele gehören ja zu den ersten Schätzen, die Gott uns mit dem Leben anvertraut hat.
Alle empfangenen Gaben sind treu zum Lobe Gottes und zum Dienst für die Menschen einzusetzen. Die weitere Vermehrung des Gutes besteht dann in besonderer Weise in der Verkündigung des Evangeliums.
Für uns Katholiken bedeutet dieses Wort auch, in der Treue zur kirchlichen Lehre zu bleiben, den großen Schatz der Sakramente in rechter Weise zu empfangen und so viele wunderbare Reichtümer der katholischen Kirche zu pflegen, damit auch die kommenden Generationen davon empfangen können.
Noch ein weiteres Wort dieses Textes ist würdig, unsere Beachtung zu finden und entsprechend Konsequenzen daraus zu ziehen.
“Der Herr ist es, der mich zur Rechenschaft zieht”, sagt der Heilige Paulus. Das ist ein sehr wichtiger Sachverhalt, denn nicht Menschen können über uns ein letztes Gericht sprechen, sondern nur Gott allein. Wir können die Herzen anderer Menschen niemals vollständig kennen! Vielleicht ist es möglich, ein wenig Einblick zu bekommen in das Herz eines anderen wie auch in das eigene; doch wird dies immer beschränkt bleiben. Gott ist es, “der das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen aufdecken wird.” Deshalb können und müssen wir zwar die Taten anderer nach ihrem objektiven Befund beurteilen, können aber nicht den Grad der Schuld bestimmen oder nur sehr unvollkommen.
Diese Worte sind sehr tröstlich, besonders dann, wenn wir in der Erkenntnis wachsen, mit unserem Leben vor einem barmherzigen und gerechten Vater zu stehen, der verzeihen und uns stärken möchte. Das Vertrauen zu Ihm, welches die Frucht der Liebe ist und gleichzeitig die Liebe wachsen läßt, wird uns umso mehr im Geist des Dienens und in der Verantwortung für die erhaltenen Gaben stärken. In dem Bewußtsein, daß Gott allein unser letzter Richter ist, können wir die Menschenfurcht in uns überwinden und werden freier, unsere Aufgabe auf der Erde zu erfüllen.