Wir kommen noch einmal auf das Thema des Gebetes zurück, heute aber unter einem ganz speziellen Gesichtspunkt.
Zweifellos dient das Gebet primär dazu, den Herrn zu verherrlichen, die eigene Seele in das »große Gespräch« mit Gott eintreten zu lassen und darin zu verbleiben.
Im liturgischen Gebet treten wir mit allen Gläubigen in das »Gebet der Braut Christi« zu ihrem Bräutigam ein, und in der Heiligen Messe – der Hochform des liturgischen Betens – vereinen wir uns mit unserem Herrn am Kreuz. Diese Hierarchie des Gebetes sollte bleiben und in all ihren Formen immer gepflegt werden.
Hinzu kommt noch das meditative Gebet zur Verinnerlichung und das kontemplative Gebet – wenn Gott es schenkt -, das der Herr nutzt, um die Seele tiefer an sich zu ziehen und mit seinen Gaben zu schmücken.
Es gibt jedoch auch Gebete, die unmittelbar zur Abwehr des Bösen dienen. Das bekannteste unter ihnen ist das Gebet zum heiligen Erzengel Michael. Es wird am Ende der stillen tridentinischen Messe gebetet, doch sollten wir es bewußt als geistliche Waffe möglichst in unser tägliches Gebet aufnehmen. Es ist eine Waffe gegen die Mächte der Finsternis, die uns sowohl auf dem Weg der Nachfolge behindern, als auch insgesamt ihren dunklen Einfluß auf Kirche und Welt ausüben wollen. Jedes Gebet, das wir im Glauben verrichten, wird ihre Kraft schwächen, und wir können an der Seite des heiligen Erzengels bewußt daran mitwirken, diese Mächte in ihre Schranken zu weisen.
Verschiedentlich habe ich in meinen Ansprachen darauf aufmerksam gemacht, daß wir in einer apokalyptisch geprägten Zeit leben. Immer deutlicher kann man jene Kräfte wahrnehmen, die sich gegen den Herrn und seinen Gesalbten empören (vgl. Ps 2,3). Auch die Kirche wird angegriffen. Wie es der verstorbene Papst Benedikt XVI. sagte, sitzt der Feind heute gerade auch im Inneren der Kirche.
Es können Verfolgungen auf die Gläubigen zukommen, die man sich im Moment vielleicht kaum vorstellen kann, die aber im Ansatz bereits vorhanden und erkennbar sind. In diesem Zusammenhang weise ich auf die Wichtigkeit des Gebetes hin, um in Zeiten der Verfolgung standhalten zu können.
Es geht darum, sich einen »inneren Gebetsschatz« anzueignen. Gut wäre es, den einen oder anderen Psalm auswendig zu können, die Praxis des Herzensgebets zu üben, den Rosenkranz auch im Herzen beten zu können, uns das Gebet der Sammlung zu eigen zu machen etc.
Ich sage es deshalb, weil wir nicht ausschließen können, daß wir bei zunehmender Verfolgung für eine gewisse Zeit nicht mehr in der Lage sein werden, den öffentlichen Kult zu pflegen. Denken wir an die Coronamaßnahmen, die uns eine Zeitlang den Zugang zum öffentlichen Gottesdienst verwehrt haben. Man kann nicht ausschließen, daß die Verfolgungen noch weitergehen, so daß auch – wie es in der Geschichte bereits geschehen ist und in einigen Ländern auch gegenwärtig geschieht – der Besitz oder Gebrauch der Heiligen Schrift oder auch von Gebetsbüchern etc. verboten werden kann. Wenn sich eine satanische Bosheit weiter ausbreitet, kann sie sich auch darin zeigen, daß alles, was äußerlich von Gott zeugt, verdächtigt und bekämpft wird.
Deshalb brauchen wir so etwas wie eine »innere Zelle« oder einen »kleinen Himmel«, in den wir uns zurückziehen und von jedermann unbemerkt das Gebet pflegen können; also eine »innere Kirche«, in der wir Gott anbeten und mit ihm innigen Austausch pflegen können. Es wäre klug, dies jetzt schon zu praktizieren, da es einerseits der Verinnerlichung des geistlichen Lebens dient und zugleich auch eine Einübung ist, wie man in Verfolgungssituationen die religiöse Praxis weiterführen kann. Auf diese Weise werden wir Kraft schöpfen, allen Widrigkeiten im Geist des Herrn trotzen zu können.
Schwierige Zeiten benötigen besondere Maßnahmen. Sie sollen uns vorbereitet finden!
Ich möchte die heutige Meditation erneut mit einem Rückblick auf die bisherigen Etappen unseres Fastenweges abschließen:
- Der Ruf zur Umkehr.
- Das Fasten.
- Alles mit Blick auf den Herrn tun.
- Widrigkeiten gelassen überwinden.
- Die Versuchungen durch den Teufel im Namen des Herrn zurückweisen.
- Werke der Barmherzigkeit tun.
- Das Wort Gottes aufnehmen.
- Buße tun wie Ninive.
- Die Reinigung des inneren und äußeren Tempels.
- Der Kampf gegen die Laster: Gier, Unzucht, Habsucht, Zorn, ungeordnete Traurigkeit, Trägheit, Ehrsucht und Stolz.
- Die Tugenden, beginnend mit der Klugheit und Tapferkeit.
- Das regelmäßige Gebet.
- Die passive Reinigung.
- Die Gnade der Sakramente.
- Die Treue zur Überlieferung.
- Auf die Propheten hören, insbesondere auf prophetische Botschaften, die wir in unseren Zeiten vom Himmel empfangen.
- Die Kontemplation und das Gebet der Sammlung.
Link zur Meditation über die Lesung von heute: https://elijamission.net/2022/03/30/
Link zur Meditation des Tagesevangeliums: https://elijamission.net/2021/03/17/