494. Kleine Vaterbetrachtung
“Die jungen Löwen brüllen nach Beute und verlangen von Gott ihre Nahrung.” (Ps 104,21)
Die sorgende Liebe Gottes dehnt sich auf seine ganze unvernünftige Schöpfung aus. Das ist es wohl, was den Heiligen Franziskus veranlaßt hat, in seinem »Sonnengesang« auch die Elemente in eine Brüderlichkeit der Geschöpfe einzubeziehen. Alles, was unser Vater geschaffen hat, findet seinen tiefsten und inneren Sinn in ihm und legt Zeugnis von ihm ab, wenngleich auch die ursprüngliche Harmonie durch die Sünde verletzt wurde und der Tod in diese Welt kam.
Trotz dieser Wunde, welche die Schöpfung seufzend Ausschau halten läßt nach den Kindern Gottes (Röm 8,19), vermag sie das herrliche Lied von Gottes Liebe zu singen.
Auch der mächtige Ruf des jungen Löwen nach Nahrung, ein Urbild von Kraft und Majestät der Schöpfung, zeugt von Gott. Der Löwe tut, was unser Herr in ihn hineingelegt hat. Auch er hat als Geschöpf, welches aus unseres Vaters Hand hervorgegangen ist, das Recht auf sein Leben von Gott bekommen. Unwissend ruft er nach seinem Schöpfer, damit er ihm sein Recht auf Nahrung gewähre.
Wenn uns die Augen aufgehen, dann werden wir Wunder über Wunder und Gottes Weisheit bis in die kleinsten Dinge erkennen und uns an ihm erfreuen, wie es ein weiterer Auszug aus dem Psalm 104 so lieblich beschreibt:
“Du läßt Quellen sprudeln in Bäche, sie eilen zwischen den Bergen dahin. Sie tränken alle Tiere des Feldes, die Wildesel stillen ihren Durst. Darüber wohnen die Vögel des Himmels, aus den Zweigen erklingt ihr Gesang. Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, von der Frucht deiner Werke wird die Erde satt. […] Auf dich warten sie alle, daß du ihnen ihre Speise gibst zur rechten Zeit. Gibst du ihnen, dann sammeln sie ein, öffnest du deine Hand, werden sie gesättigt mit Gutem.” (Ps 104,10-13.27-28)
“Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist seinen heiligen Namen!” (Ps 103,1)