In diesem letzten Teil des Schreibens geht es um die Freiheit der Kirche. Deutlich nennen die Unterzeichner das Recht der Kirche, das sakramentale Leben ohne Einmischung von staatlichen Autoritäten zu regeln. So heißt es in dem Schreiben:
„Lassen Sie uns abschließend als Hirten, die für die Herde Christi verantwortlich sind, daran denken, daß die Kirche mit Nachdruck Autonomie in der Leitung, im Gottesdienst und in der Verkündigung beansprucht. Diese Autonomie und Freiheit der Kirche ist ein Grundrecht, das der Herr Jesus Christus ihr gegeben hat, damit sie die Ziele verfolgen kann, die ihr eigen sind. Aus diesem Grund beanspruchen wir als Hirten nachdrücklich das Recht, über die Feier der Heiligen Messe und der Sakramente unabhängig entscheiden zu können. Wir fordern ebenso die Anerkennung unserer uneingeschränkten Autonomie in allen Angelegenheiten, die in unmittelbare Zuständigkeit der kirchlichen Autorität fallen, wie z.B. die liturgischen Normen und die rechtlichen Vorgaben zur Spendung der hl. Kommunion und der Verwaltung der Sakramente. Der Staat hat keinerlei Recht, sich aus irgendeinem Grund in die Souveränität der Kirche einzumischen. Kirchliche Autoritäten haben sich nie verweigert, mit dem Staat zusammenzuarbeiten, aber eine solche Zusammenarbeit darf nicht bedeuten, daß seitens der Zivilbehörden, ganz gleich in welcher Form, Verbote oder Einschränkungen des öffentlichen Gottesdienstes und der Seelsorge aufgestellt werden. Gottes Rechte und die seiner Gläubigen sind das oberste Gesetz der Kirche. Davon kann und will sie nicht abweichen. Wir fordern, daß die Beschränkungen für die Feier öffentlicher Gottesdienste aufgehoben werden.“
Auch dieser Abschnitt des Textes hat seine Berechtigung.
Es darf nicht sein, daß sich Regierungen in Angelegenheiten der Kirche einmischen, von denen sie zusätzlich oft gar nicht viel verstehen. Würde man dies bejahen, dann hätten wir sehr schnell die Verhältnisse, daß die Praxis des Glaubens unter die Kontrolle von Regierungen gerät, was in der Geschichte allzu oft vorkam oder versucht wurde und bis heute auch geschieht. Es gibt ein klares Wort des Herrn, welches hier die Richtung vorgibt: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ (Mt 22,21)
Es ist also sehr gut zu unterscheiden, ob die Kirche ihre Freiheit in Krisenzeiten behält, wie z.B. in dieser Pandemie, gemäß ihres göttlichen Auftrages zu handeln, oder ob sie sich von politischen Kräften oder auch starken Ängsten in ihren Maßnahmen leiten läßt.
Mir ist nicht bekannt, wie in Einzelfällen der Einfluß der Regierungen konkret war, die öffentlichen Gottesdienste zu verbieten. In Polen z.B. war dies nie der Fall, auch nicht in Lettland, wo die Bischöfe die Regierung überzeugt haben, daß der Gottesdienst für die seelische Gesundheit der Menschen notwendig ist und daher nie die öffentliche Zelebration der Hl. Messe unterblieb. Ähnliches hört man auch von einigen wenigen anderen Ländern.
Für mich stellt sich eher die Frage, ob sich kirchliche Autoritäten nicht zu schnell und zu willig gezeigt haben, solche enormen Beschränkungen zu akzeptieren, welche die Rechte der Gläubigen verletzen. Die Erklärungen, daß die Kirche mit einer solchen Haltung besonders vorbildlich die Gläubigen, die Armen und Schwachen geschützt habe, wirkt wenig überzeugend. Die angeführten Beispiele von Polen und Lettland weisen auf einen anderen Weg hin, der ebenfalls die Schwachen in den Blick nahm, ihnen allerdings den Zugang zum hohen Wert der Zelebration der Heiligen Messe ermöglicht hat. Deshalb ist es gut, daß das Schreiben die Rechte der Kirche und die Grenzen staatlicher Gewalt thematisiert.
Damit möchte ich dieses Thema abschließen, welches den sonst stärker geistlichen Rahmen etwas überschritten hat.
Es kommen derzeit recht viele Fragen von jenen, die uns täglich oder häufig zuhören. Eine der Fragen, die sehr aktuell ist, bezieht sich auf den heutigen Tag.
Zu einem weltweiten Gebetstag der Religionen angesichts der Corona-Pandemie lädt am Donnerstag, 14. Mai, das „Hohe Komitee der menschlichen Brüderlichkeit“ ein, dem auch der Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, Kardinal Miguel Ayuso Guixot, angehört. Der Aufruf richtet sich nicht nur an alle Menschen, die an Gott glauben, sondern an alle Menschen überhaupt. Auch Papst Franziskus ruft zur Teilnahme auf.
In diesem Rahmen nur soviel:
Das Gebet um die Beendigung der Coronakrise, welches wir täglich vollziehen, verbindet sich bei uns grundsätzlich mit dem Gebet um eine Umkehr zu Gott, denn wir glauben, daß der Herr durch diese Pandemie die Menschen zur Umkehr ihres Lebens aufruft, zur Zuwendung zu Jesus Christus. Deshalb beten wir, daß die Menschen in ihrer religiösen Suche ( z.B. in anderen Religionen) durch den Heiligen Geist zum wahren Glauben finden.
Hier nun ein Gebet für diesen Tag und auch darüber hinaus:
„Geliebter Vater, laß die Menschen in dieser schweren Krise der Pandemie zu Dir umkehren und ihr Leben nach Deinen Geboten ausrichten, damit Du in ihnen wohnen kannst.
Schenke all jenen Menschen, die in anderen Religionen nach Dir suchen, durch Deinen Heiligen Geist die Erkenntnis Deines Sohnes Jesus Christus, damit sie auf diesem Weg mit uns in jener Einheit leben können, die Du in Deiner Güte für uns Menschen bereitet hast!“