Vaternovene, Tag 2
Wir Menschen sind nach dem Bilde Gottes geschaffen.
Mit Recht sprechen wir davon, daß das Herz die Mitte der Person ist. Nur die Dinge, welche wir aus ganzem Herzen tun, gewinnen ihren vollen und ganzheitlichen Ausdruck. Sie besitzen unsere ganze Identifikation! Wir stehen mit unserer ganzen Person hinter dem, was wir tun und was wir sagen.
Von den verschiedenen Arten des Schmerzes, die uns treffen können, ist es besonders der Schmerz des Herzens, der uns ganz und gar durchdringen kann. Dies hängt damit zusammen, daß wir das Herz als den Sitz der Liebe bezeichnen können. Unser Herz sehnt sich nach Liebe! Es ist glücklich, wenn es Liebe empfängt und wenn es Liebe schenken kann. Es wird leer und kalt, wenn die Liebe erlischt. Es kann weit offen für Gott und die Menschen sein, sich aber auch gegenüber Gott und den Menschen verschließen.
Unser Herz ist empfindsam und reagiert sehr fein auf Gutes und Böses. Aus ihm selbst kommt auch das Gute und das Böse, wie Jesus es uns vor Augen stellt. Wir können entscheiden, was wir in unserem Herzen leben lassen und vor was und vor wem wir unser Herz verschließen. Auch müssen wir lernen, das Böse, das wir in unserem Herzen entdecken, von der Liebe Gottes berühren und verwandeln zu lassen.
Auf unserem Weg der Nachfolge Christi sprechen wir von der „Bekehrung unseres Herzens“ und meinen damit, dass wir lernen, GOTT ganz und gerne zu dienen und ihm in echter und damit dauerhafter Liebe anzuhangen.
Wir wissen, daß Jesus die Gebote Gottes, auf die Frage eines Schriftgelehrten hin, so zusammengefaßt hat:
„Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mk 12,30-31)
Wenn wir also in unserem Herzen noch Dinge entdecken, die diesen Grundgeboten Gottes widersprechen, dann mag sich unser Blick auf Gott selbst lenken, der uns nach seinem Bilde geschaffen hat.
Gott selbst hat auch ein Herz, denn er ist ja die Liebe selbst. Alles, was er tut, entspringt dieser Liebe und ist von dieser Liebe gezeichnet. Schon beim Moment unserer Erschaffung, als wir aus den liebenden Gedanken Gottes in das menschliche Dasein gerufen wurden, war die Liebe Gottes der Beweggrund.
Wenn also schon der Grund unseres Daseins die Liebe Gottes ist, wie sehr wird sich dann das Herz Gottes danach sehnen, mit seinem Geschöpf vereint zu sein; wie sehr wird sich Gott danach sehnen, daß wir seine Liebe aufnehmen und empfangen.
Gottes Herz kennt keine Dunkelheit. Niemals trennt sich sein Herz von der Liebe, die er ja selbst ist. Wenn wir seine Liebe zurückstoßen, bleibt er dennoch treu (vgl. 2 Tim 2,13). Gott kann sich nicht selbst verleugnen. Mit menschlichen Begriffen läßt er uns verstehen, wie sehr er uns liebt, wie er um sein Volk leidet, welches immer wieder in Gefahr ist, sich von ihm, dem liebenden Vater und Schöpfer, abzuwenden. Mit den zärtlichsten Worten möchte er uns verständlich machen, wie sehr sein Herz für uns offen steht und wie es ihn schmerzt, wenn wir seine Liebe zurückweisen. Dabei braucht Gott unsere Liebe nicht, um in sich vollkommen zu sein. Nein, er ist vollkommen. Aber gerade deshalb ist seine Liebe umso stärker, weil sie frei ist von eigenen Interessen. Sein Herz ist rein, ohne irgendeinen Makel oder Unvollkommenheit. Und es verlangt nach unserer Liebe, um uns aus seinem Reichtum alles schenken zu können, denn nur in der Antwort unserer Liebe auf seine Liebe kann sich all das entfalten, was Gott für uns bereitet hat.