“Niemand kann so tief in das Herz seines Freundes blicken und sehen, wie dieser ihm gesinnt ist, als meine Auserwählten mir ins innerste Herz zu spähen vermögen, um dort meine Zuneigung zu ihnen mit unsäglicher Freude zu entdecken.” (Worte Jesu an die heilige Mechthild v. Hackeborn)
Welch traute Einladung der Liebe an alle, die mit unserem Vater in innigster Liebe leben wollen! Im Innersten des Herzens Gottes seine Liebe zu uns zu entdecken, ist eine sehr tiefe Begegnung mit unserem Vater und hat bereits eine gewisse Ähnlichkeit mit der ewigen Schau Gottes im Himmel.
Sicher können wir einen sehr guten Freund – von denen es jedoch nur wenige gibt – ein Stück weit besser erkennen als andere Menschen und wahrnehmen, wie ernst er es mit seiner Zuneigung zu uns meint. Dabei stoßen wir aber immer auf die Grenzen der Geschöpflichkeit und auf die Versuchbarkeit des Menschen.
Anders ist es bei Gott. In ihm begegnen wir der ungeteilten göttlichen Liebe, die darauf wartet, daß wir daraus schöpfen. Wir lernen die unfaßbare Liebe Gottes zu uns kennen, die alles Verstehen übersteigt und uns eine unsägliche Freude bereitet. Die Freude ist so groß, daß wir in diesem Zustand zu allem bereit sind, wozu uns diese Liebe ruft. Es gibt keinerlei Bedenken, uns in dieses Meer der Liebe zu stürzen. Gerne würden wir für immer darin bleiben, alles hinter uns zurücklassen und nur für diese Liebe leben.
Doch dieser so beglückende Zustand der Seele hält auf der Erde nicht für immer an. Noch sind wir unterwegs und haben unsere Aufgabe in diesem »Jammertal« zu erfüllen. Doch die Erinnerung an diesen glückseligen Zustand der Seele, eine mystische Erfahrung, hinterläßt – anders als eine nur kurzlebige emotionale Erfahrung – einen so nachhaltigen Eindruck in der Seele, an den sie sich erinnert, daraus lebt und unseren Vater immer wieder sucht.