Themen des geistlichen Lebens: »DAS HERZENSGEBET« (Teil 2)

Das Herzensgebet oder auch Jesusgebet genannt, bedarf einer gewissen Vorbereitung. Hören wir dazu noch einmal den Metropoliten Dr. Serafin Joanta:

“Die Voraussetzungen für das Jesusgebet sind, wie für jedes andere Gebet, folgende: Friede mit dem Nächsten, das Sich-Befreien von übertriebenen Sorgen, eine gesunde seelische Verfassung, ein ruhiger Ort. (…) Niemand kann ein reines Gebet beten, d.h. ein Gebet, das von fremden Gedanken, äußeren Sinneseindrücken und Sinneserinnerungen nicht getrübt ist, solange er nicht Frieden mit dem Nächsten hat. Die fehlende Vergebung und das Verharren im Zwist laden uns mit negativen Energien auf, die das Herz eintrüben. Ebenso auch die Überzahl an Sorgen. Deshalb ruft uns das Cherubikon in der byzantinischen Liturgie des Hl. Johannes-Chrysostomos dazu auf, »alle weltliche Sorge von uns abzulegen«. Ebenso ist der Ort des Gebetes wichtig. Der bestgeeignetste Ort ist die Wüste, d.h. ein abgelegener Ort – dorthin haben sich zu allen Zeiten Mönche und Eremiten zurückgezogen. Der Heiland selbst zog sich abends zurück auf einen Berg oder in einen abgelegenen Ort zum Gebet. Da wir in der Welt leben, gilt es, an erster Stelle den Rat Jesu zu befolgen: “Wenn du betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir`s vergelten” (Mt 6,6). Das »Kämmerlein« ist das Herz, wohin wir uns zurückziehen müssen, damit wir dem Gebet die nötige Aufmerksamkeit schenken können.”

Wenngleich wir das Gebet auch einsetzen können, um aufwallenden negativen Gefühlen, bedrängenden Gedanken und konkreten Angriffen des Teufels begegnen zu können, so ist es für das tägliche Gebet doch wichtig, in der inneren Verfassung des Friedens zu sein. Es sollte zu einem Instrument werden, den Weg der Heiligkeit besser zu gehen.

Wie uns die Lehrer dieses Gebetes sagen, soll der leicht umherschweifende Verstand, der sich gerne mit äußeren Dingen beschäftigt und daher oft sehr zerstreut ist, in das Herz einkehren, in das Zentrum der Person. Die ständige Wiederholung des Namens Jesu und die Konzentration auf das Herz bewirken, daß der Heilige Geist tiefer in uns eindringen kann, um sein Licht zu verbreiten. Da aus dem Herzen die bösen Gedanken kommen (Mt 15,19), hilft dieses Gebet der inneren Reinigung und macht uns wachsam gegenüber all seinen Regungen. Auf diesem Weg lernt man sein Herz im Geiste Gottes besser kennen und kann all den unguten Neigungen und Gedanken direkt mit dem Gebet entgegenwirken.

So wird deutlich, daß die Einübung in das Herzensgebet eingebettet ist in das allgemeine Streben nach Heiligkeit, welches den Empfang der Sakramente, die Lektüre der Heiligen Schrift, die Verwurzelung in der Lehre der Kirche und andere Elemente selbstverständlich umfaßt.

Wenn auch die klassische Form: Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner! eine Hilfe für den Einstieg in diese Gebetsweise ist, so können es doch auch andere Formen sein. Manche sprechen nur den Namen Jesu aus, andere wählen ein kurzes Wort aus der Heiligen Schrift oder: Komm, Heiliger Geist!. Will man jedoch dieses Gebet regelmäßig einüben, so ist es wichtig, dauerhaft bei einer Form zu bleiben oder sie wenigstens nur selten zu verändern. Das Herz soll sich ja an die Anrufung des Namens Jesu oder an die Anrufung des Vaters oder des Heiligen Geistes gewöhnen.

Für die Methodik des Gebets ist es gut, eine Weise zu wählen, die uns erlaubt, es entspannt zu beten, aber doch so, daß wir nicht durch eine zu bequeme Haltung einschlafen. Und immer sollten wir auch die Dimension der Ehrfurcht miteinbeziehen. Die frühen Morgenstunden – nach einem erholsamen Schlaf – sind für das Gebet sehr geeignet. Die Mönche des orientalischen Christentums ziehen, der Stille wegen, die Nacht für das Gebet vor.

Wenn wir also geistig und unter Beachtung der äußeren Hilfen vorbereitet sind, dann sollten wir mit dem regelmäßigen Herzensgebet beginnen. Für Anfänger empfiehlt es sich, mit einigen Minuten – besonders am Morgen – zu beginnen. Hilfreich und in der Praxis der Mönche sehr verbreitet ist die Verwendung eines Gebetskranzes. Der große Kranz ist mit hundert Perlen oder Knoten versehen. Es gibt auch Kränze mit fünfzig oder dreiunddreißig Knoten oder Perlen. Hat man keinen Gebetskranz, dann kann auch der Rosenkranz als solcher Verwendung finden.

Man läßt den Gebetskranz durch die Hände gleiten und spricht dabei still das Gebet.

Sicher kann man, um den Einstieg ins Gebet zu erleichtern und den Zerstreuungen entgegenzuwirken, das Gebet halblaut aussprechen. Man sollte aber bald dazu übergehen, es still zu beten.

Besonders dann, wenn wir schon ein wenig eingeübt sind, werden wir merken, daß es sich in seiner Einfachheit wunderbar eignet, es überall zu beten. Wir könnten sagen, daß sich mithilfe dieses Gebetes eine Art »innere Mönchszelle« bildet, in die wir, selbst während äußerlich umtriebiger Umstände, immer einkehren können: z.B. beim Autofahren, in Warteräumen und bei vielen anderen Gelegenheiten. Dieses Gebet soll uns helfen, in die innere Stille einzukehren, und man kann es auch dann pflegen, wenn äußerlich die Stille nicht gegeben ist.

Link zur Betrachtung der Tageslesung:   https://elijamission.net/nuechtern-den-gefahren-begegnen-2/

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