Reflexionen zur Fastenzeit: »Eintrübung des Lichtes«        

In der gestrigen Betrachtung haben wir im Sinne der Unterscheidung der Geister einige Fehlentwicklungen in der Hierarchie der Kirche benannt und aufgezeigt, wie sie sich auch auf das Leben der einfachen Gläubigen auswirken. Noch tragischer ist es jedoch, wenn sich das Antlitz der Kirche so verändert, daß sie in vielen Bereichen mehr dem Geist der Welt entspricht, als das Licht des Evangeliums unter allen Völkern zu sein.

Wir müssen uns vor Augen stellen, daß die kirchliche Verkündigung die unvergleichlich wichtige Aufgabe hat, die Menschen mit dem Heil in Berührung zu bringen, das der himmlische Vater allen Menschen anbietet. Anders ausgedrückt: Es geht – und das hat die Verkündigung bis in diese Zeit hinein verstanden – um die Rettung der Seelen. Der Mensch vermag sich nicht selbst aus seiner Misere zu retten, sondern ist auf die Gnade Gottes angewiesen. Diese wird ihm in Jesus angeboten, und die Kirche begleitet ihn nun mit allen Mitteln, die Gott ihr zugedacht hat.

Wenn Gott auch noch Wege kennt, das Heil zu erlangen, wenn ein Mensch schuldlos den Weg zur wahren Kirche noch nicht gefunden hat, so darf das unseren Eifer nicht erlahmen lassen, das Evangelium in aller Welt zu verkünden, wie es der Herr seiner Kirche aufgetragen hat.

Was aber geschieht, wenn Irrtümer in die Verkündigung einziehen, wenn die bisherige Moral der Kirche geschwächt wird, wenn alle Religionen als ein Weg zu Gott angesehen werden, wenn die vielen Fehlentwicklungen in einer modernisierten, der Welt angepassten Kirche um sich greifen? Das Licht der Kirche wird verdunkelt oder gar ausgelöscht und das Salz verliert seinen Geschmack (Mt 5,13).

Was bedeutet das für die Menschen in der Welt? Ihnen wird die Botschaft des Evangeliums vorenthalten. »Ersatzwelten« werden ihnen angeboten. Politische Themen rücken in den Vordergrund. Die Kirche gleicht immer mehr einer Institution, die innerweltliche Ziele verfolgt, statt den Menschen das Heil zu verkünden. Sie reiht sich ein in diese Welt als eine von vielen Stimmen, ist aber nicht mehr die Stimme Christi, die der Welt Orientierung schenkt und sie vor den Verirrungen zu bewahren vermag.

Im Sinne der Unterscheidung der Geister ist klar festzuhalten: Die Modernisierung der Kirche, wie wir sie gegenwärtig in intensivster Weise erleiden müssen, ist ein Betrug am Auftrag Christi und an den Menschen in der Welt. Man kann sich mit diesem Geist nicht verbinden, ohne die Schönheit und Wahrheit unseres Glaubens zu schmälern oder gar zu verlieren. Leider wird versucht, den irrigen Kurs des Kirchenoberhauptes bis in die kleinsten Diözesen und Ordensgemeinschaften durchzusetzen, so daß manche Priester und Gläubige sich genötigt sehen, in den »Untergrund«, oder besser gesagt in die Wüste zu gehen, wenn sie dem überlieferten katholischen Glauben treu bleiben wollen.

Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, den verweise ich auf Veröffentlichungen auf meiner Website, auf manche Vorträge und besonders auf die schon erwähnten fünf Wunden der Kirche (https://elijamission.net/blog/).

Im Sinne der Unterscheidung der Geister bleibt noch zu sagen: Wahre Einheit gibt es nur auf dem Fundament der Wahrheit. Wer sich von der Lehre trennt, der ist es, der die Einheit verläßt! Es ist also irreführend, diejenigen, die an der überlieferten Lehre der Kirche festhalten, als Schismatiker zu bezeichnen. Sie tun nichts anderes, als das, was angesichts der gegenwärtigen Fehlentwicklungen getan werden muß: treu am Evangelium und an der authentischen Lehre der Kirche festhalten.

Hören wir zum Schluß dieser Betrachtung noch einmal Dietrich von Hildebrand, dessen Herz für die Kirche brannte und der insistierte auf die Notwendigkeit ihres apostolischen Dienstes.

“Das Apostolat gehört wesenhaft zur heiligen Kirche, das Apostolat, und zwar die Bekehrung jeder einzelnen individuellen Seele, die in den Augen der Kirche mehr bedeutet als das Schicksal irgendeiner natürlichen Gemeinschaft. Dies ist ein notwendiger Ausfluß sowohl der Gottesliebe als auch der wahren Nächstenliebe. Die Gottesliebe drängt die Kirche, aber auch jeden wahren Christen danach, jeden Menschen in das volle Licht der Wahrheit zu ziehen, die die Lehre der heiligen Kirche darstellt. Jeder Christ muß ersehnen, daß alle die Offenbarung Christi kennenlernen und darauf die richtige Antwort des Glaubens geben: daß alle Knie sich vor Jesus Christus beugen. Und ebenso erfordert dies die wahre Nächstenliebe. Wie kann ich jemand lieben und nicht darauf brennen, daß er Jesus Christus, den Eingeborenen Sohn Gottes und die Epiphanie Gottes kennenlerne, in Sein Licht gezogen werde, an Ihn glaube und Ihn liebe, ja sich von Ihm geliebt wisse? Wie kann ich ihn lieben – ohne ihm das größte Glück, die beseligende Begegnung mit Jesus Christus, schon auf Erden zu wünschen? Wie kann ich mich damit begnügen, daß Gottes unendliche Barmherzigkeit – vielleicht – trotz seines Irrglaubens oder Unglaubens ihm die ewige Seligkeit nicht verweigern werde?

Wahrhaft, alle Taten der Liebe zum Nächsten sind Schall und Rauch, wenn ich mich für sein Finden des wahren Gottes, seine Gliedschaft am mystischen Leib Christi desinteressiere – wenn ich gegenüber diesem höchsten Gut für ihn indifferent bin?”

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