Reflexionen zur Fastenzeit »Das Gebet des Herzens – eine äußerst wertvolle Hilfe«

Betet jederzeit im Geist!” (Eph 6,18)

Wir kommen zum Ende der Ratschläge des hl. Paulus in seinem Aufruf zum geistlichen Kampf. Jeder Gläubige weiß, wie zentral das Gebet ist, denn ohne es wird gar kein geistliches Leben zustande kommen. Wenn das Gebet vernachlässigt wird, besteht immer die Gefahr, daß die Versuchungen uns leichter erreichen, daß Zerstreuungen zunehmen und die Attraktion der Welt stärker auf uns einzuwirken vermag. Dann werden wir auch geschwächt, den uns aufgetragenen Kampf mit den uns anvertrauten Mitteln zu führen.

Wenn wir hingegen die uns vom Herrn geschenkte Gelegenheit zum Gebet nutzen, dann ist unsere Seele gewappnet, leicht bereit, die Führung durch den Heiligen Geist wahrzunehmen und im Gebet mit dem Herrn auch Festungen zu stürmen.

Am Ende der gestrigen Betrachtung hatte ich begonnen, uns die Mahnungen eines Starez an seine Jünger zum Gebet zur Kenntnis zu bringen. Er versteht, daß das Jesusgebet auch ein besonderes Mittel gegen die Macht des Teufels ist. Da heißt es:

“Meine Kinder, ich flehe euch um der Liebe Gottes willen an, hört nicht auf, das Gebet unseres Christus zu sprechen, nicht einmal für einen Augenblick. Eure Lippen sollten unaufhörlich den Namen Jesu anrufen, der den Teufel und all seine Machenschaften zerstört. Ruft unaufhörlich zu unserem Christus, und er wird sich von ganzem Herzen beeilen, uns zu helfen. So wie man nicht nach Eisen greifen oder sich ihm auch nur nähern kann, wenn es glühend heiß ist, so geschieht dasselbe mit der Seele dessen, der das Gebet mit Inbrunst spricht. Die Dämonen nähern sich ihm nicht – und wie könnten sie auch? Denn wenn sie sich ihm nähern, werden sie von dem göttlichen Feuer verbrannt, das der göttliche Name enthält. Wer betet, wird erleuchtet, und wer nicht betet, wird verdunkelt. Das Gebet schenkt uns das göttliche Licht. Deshalb wird jeder, der gut betet, ganz licht, und der Geist Gottes wohnt in ihm.”

Besonders Einsiedler und Mönche hatten sich bemüht, das Wort des hl. Paulus: Betet jederzeit im Geist!” möglichst wortwörtlich umzusetzen. Auf diesem Weg hat sich dann das sog. Jesusgebet ausgebreitet, indem man versuchte, immerzu den Namen Jesu anzurufen, bis das Gebet durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes im Herzen sogar von selbst erklingen kann.

Wenn wir das in unsere katholische Praxis einordnen wollten, wäre dies einem systematischen Stoßgebet oder auch langen Litaneien ähnlich, die z.B. den Namen Jesu anrufen.

Im Sinne der »discretio« in Bezug auf das geistliche Leben, d.h. mit Berücksichtigung unserer Lebensumstände, halte ich dieses Gebet für den geistlichen Kampf für ungemein wertvoll. Natürlich sind die meisten von uns keine Einsiedler oder Mönche. Doch sollten wir von ihrer Weisheit und Erfahrung lernen und das Weise adaptieren (mit der »discretio«), das für unseren Weg fruchtbar ist.

Was ist so wertvoll an diesem Gebet des Herzens, von dem der Starez spricht?

Er selbst unterstreicht eine wesentliche Dimension: Wir kennen ja das Schriftwort, daß Jesus gekommen ist, “um die Werke des Teufels zu zerstören (1 Joh 3,8). In der ständigen Anrufung des Namens des Herrn wird ihm der Sieg des Herrn vor Augen gestellt und er kann den Namen Jesu nicht ertragen. Wie der Starez sagt: Die Dämonen wagen sich nicht an den, der inbrünstig den Namen Jesu anruft, weil sie dann dem göttlichen Licht ausgesetzt sind.

Dann sagt der Starez noch einen wichtigen Satz: “Wer betet, wird erleuchtet, und wer nicht betet, wird verdunkelt. Das sollten wir sehr gut hören, damit wir eifersüchtig auf die Zeiten des Gebetes achten, die uns gegeben sind, und sie nicht versäumen.

Ich erinnere an die Absicht dieser Reflexionen auf dem Weg zum Fest der Auferstehung des Herrn. Wir wollen uns bemühen, bessere Jünger zu werden und in dieser schwierigen Zeit jene Verantwortung zu übernehmen, die uns vom Herrn der Kirche aufgetragen ist.

Ohne etwa die anderen Gebetsweisen zu vernachlässigen, die uns durch die Kirche überliefert sind und auf die wir noch zu sprechen kommen, möchte ich auf den großen geistlichen Nutzen dieses Gebets hinweisen, auch wenn es nicht in der Intensität der geistlichen Väter geführt werden kann. Die klassische Form des Gebetes heißt:

»Jesus, Sohn Gottes, erbarme Dich unser!«

Es ist sehr einfach und kann uns neben der Zeit kontemplativer Stille, die besonders wertvoll für die Einübung ist, auch in allen Lebensumständen dienen. Wenn unsere Seele anfängt, sich an das Gebet zu gewöhnen, dann werden wir merken, wie sie von sich aus nach Gebet verlangt. So beginnt sie auch die Möglichkeiten zu nutzen, die sich in unserem täglichen Leben bieten, um das Gebet zu praktizieren. Wenn ich z.B. an lange Autofahrten denke oder mit anderen Verkehrsmitteln unterwegs bin, dann wäre es im Sinne der Vertiefung des Gebetes sicher sehr fruchtbar, es im Herzen zu praktizieren. Es mag uns dann auch dabei helfen, manche unnötigen und zerstreuende Praktiken, wie einen unklugen Umgang mit den Smartphones oder mit Nachrichten aller Art, zu reduzieren und so den Raum unseres Herzens weiter für den Herrn zu öffnen.

Das Herzensgebet ist natürlich kein magisches Gebet, welches aus sich heraus wirkt. Es muß im Rahmen unserer allgemeinen Ausrichtung auf den Herrn verrichtet werden, wenn es Frucht bringen soll. Es begleitet dann unser geistliches Leben und ist als äußerst wertvolles Gebet eine große Hilfe, den Mächten des Bösen den Namen des Herrn entgegenzusetzen und sie so zu schwächen.

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