Gestern haben wir den Heiligen Geist als Freund und Wächter unserer Seele kennen- und liebengelernt, heute schauen wir auf ihn als den Bräutigam unserer Seele.
Alle Ausdrucksformen der Liebe, die wir als Menschen kennen, nehmen ja ihren Ausgangspunkt von Gott her. So auch das schöne Bild, den Heiligen Geist als Bräutigam zu betrachten, der um unsere Seele wirbt.
In der Betrachtung der Freundschaft mit dem Heiligen Geist haben wir seine vertraute Verläßlichkeit und seine wohlwollende Zugewandtheit betont, bei seiner Aufgabe als »Wächter unserer Seele« ging es primär um seine aufmerksame Fürsorge, damit unser Weg mit dem Herrn in Unversehrtheit und Fruchtbarkeit verläuft und um den Schutz, den er um unsere Seele legt.
Betrachten wir ihn nun als Bräutigam unserer Seele, dann ist das große Thema die bräutliche Liebe.
Sowohl die Jungfrau Maria als auch die Heilige Kirche kennen wir als »Braut des Heiligen Geistes« und können in der Reflexion und Kontemplation immer tiefer in dieses Geheimnis eindringen.
Aber auch in der Beziehung des Heiligen Geistes zu unserer Seele können wir von einer Brautschaft und somit vom Heiligen Geist als unserem Bräutigam sprechen.
Und in der Tat: Der Heilige Geist wirbt mit den zartesten Liebesbekundungen um unsere Seele, lockt sie und zieht sie an sich. Er zeigt ihr seine Schönheit. Bevor er jedoch das Liebeswerk der Vereinigung mit ihr vollziehen kann, führt er sie zuerst unserem Erlöser zu, damit die Seele durch das Blut Christi von Schuld befreit und reingewaschen wird. Nur wenn die Seele im Stand der Gnade lebt, kann der Heilige Geist in sie eindringen und wird empfänglich für seine Gegenwart in ihr.
Die Liebesbezeugungen des Heiligen Geistes auf dem Weg der Vereinigung mit der Seele sind von einer großen Einfühlsamkeit und Zartheit, denn der Geist des Herrn weiß sehr wohl, wie empfindsam die Seele ist. Da sie auf die Liebe hin geschaffen ist, ist sie einerseits empfänglich für die Liebe, andererseits aber sehr verletzlich, wenn ihr keine wahre Liebe begegnet. So ist es gerade die Behutsamkeit des Heiligen Geistes, die es der Seele leicht macht, sich seiner Liebe zu öffnen.
Nicht selten findet der Heilige Geist Seelen vor, die verwundet sind, denn das Leben auf dieser Erde ist wahrlich kein Paradies, und die Liebe herrscht nicht überall als Königin im Leben der Menschen. Umso mehr bedient sich Heilige Geist äußerster Zartheit, um die Seele nicht zu erschrecken und sie mit seiner Milde zu umgeben.
Als Bräutigam der Seele sucht er sie besonders in der inneren geistigen Umarmung und durch seine wärmende Nähe, denn er sucht das Innerste des Menschen und will es für die Liebe Gottes gewinnen. Die Seele soll so sehr in der Liebe erwachen, daß sie nichts anderes mehr ersehnt, als mit ihrem Bräutigam vereint zu sein. So schaut er sie mit den Augen der Liebe an und hilft ihr, daß sie unter seiner göttlichen Liebe erblüht und seine Gaben sie wunderschön machen.
Wenn auch der Heilige Geist bereit ist, die Seele zu rufen, wenn sie von der Häßlichkeit der Sünde noch verstellt und verdunkelt ist, so will er sie aber gewiß nicht in diesem Zustand belassen. Er möchte eine schöne Braut, die geschmückt ist mit Perlen und Ofirgold (vgl. Ps 45,14-15) und die ihre ganze Anmut gewinnt, die sie für ihn unwiderstehlich macht.
Welch unermeßliche Freude ist es für den göttlichen Bräutigam, wenn die Seele aus ihrem Schlaf erwacht und nun gemeinsam mit ihm eilt, den Willen unseres himmlischen Vaters zu erfüllen. Wie wird der himmlische Bräutigam jauchzen, daß er sie gefunden hat! Sie, die nun zu ihm gehört und Gott verherrlicht!
Und die Braut? Sie braucht ihren Bräutigam nicht mehr zu suchen. Sie hat ihn gefunden und kann nun in den himmlischen Gärten das Fest der Liebe für immer feiern. Sie hat sich ihm für ewig anvertraut!
Welch zarte, starke und fruchtbare Liebe beginnt sich nun zu entfalten! Der Bräutigam wird nicht müde werden, seine Braut immer neu zu beschenken, ihr seine Liebe auf allen Wegen zu zeigen und sie immer tiefer in das Geheimnis der göttlichen Liebe einzuführen.
Und die Braut?
Sie wird nicht müde, auf diese Liebe zu antworten und immer mehr in ihrer von Gott geschenkten Schönheit und Würde zu erblühen. Sie hat die Liebe ihres Lebens gefunden! Wohin sollte sie noch gehen? Er ist ihr Geliebter!