“Gib dem Volk, das Dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit.
Laß es in der Zeit bestehen, deines Heils Vollendung sehen und der Freuden Ewigkeit!”
Wer gehört zu diesem Volk des Herrn?
Von der Berufung her gesehen sind es alle Menschen. Denn Gott will, daß alle gerettet werden. Deshalb hat er, wie wir wissen, seinen Sohn gesandt, um alle als seine Kinder zu sich heimzuführen.
Und doch gibt es einen Unterschied. Wird dieser Ruf angenommen und leben wir Menschen entsprechend oder lädt der Herr vergebens ein?
Gewiß, dieser Ruf hat noch nicht alle Menschen erreicht. Es bleibt noch viel zu tun, bis alle die authentische Verkündigung des Evangeliums vernommen haben. Da unser Vater jeden Menschen kennt, weiß er, wer seinem Ruf hätte folgen können und wer nicht. Nicht wir haben darüber zu urteilen!
Aber an uns, die wir das Evangelium kennen und die Gnade empfangen haben, in seiner Kirche beheimatet zu sein, liegt es, ob der Ruf des Herrn in unserem Leben Frucht bringt, damit auch andere Menschen die Liebe Gottes kennenlernen, oder nicht.
Wenn wir glauben und dem Herrn nachfolgen, dann dürfen wir uns zu seinem Volk zählen, und dann gilt auch für uns das schöne Wort aus der Pfingstsequenz: “Gib dem Volk, das Dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit.”
Das Vertrauen auf Gott ist der Schlüssel, um gut durch diese schwierige Erdenzeit zu kommen. Das gilt für das persönliche Leben, aber auch für die Lage der Menschheit insgesamt. Aus eigener Kraft vermögen wir das nicht und stoßen leicht an unsere Grenzen. Aber gerade wenn wir diese Grenzen wahrnehmen, sind wir vom Herrn eingeladen, zu ihm zu kommen. So können die Grenzen und Hindernisse auf dem Weg zu Hilfen werden, daß wir uns wirklich an den Herrn wenden und auf seine Hilfe hoffen. Diese ist zweifellos immer für uns da. Doch wir sind es, die das oft vergessen und lieber auf uns selbst bauen, als den so fruchtbaren Schritt des Gottvertrauens zu wagen und uns mit ganzem Herzen in dieses Vertrauen hineinzubegeben.
Wenn wir aber die Schritte des Vertrauens vollziehen, werden wir erleben, wie die Gaben des Geistes in unserem Leben wirksam werden. Sind wir verzagt und wenden uns an den Herrn, dann wird er uns mit der Gabe der Stärke aufrichten. Denken wir an den Herrn in Gethsemane! In diesen schweren Stunden, als er keine menschliche Hilfe von seinen Jüngern erhielt, stärkte ihn ein Engel (vgl. Lk 22,43). Sollten wir in Situationen kommen, in denen wir schmerzlich wahrnehmen, daß wir vergebens Hilfe bei Menschen suchen, dann wird der Herr uns stärken, wenn wir uns an ihn wenden.
Diesen Geist der Stärke brauchen wir auch, um »in der Zeit zu bestehen« und der uns gestellten Lebensaufgabe treu zu bleiben. Das gilt besonders für unseren Glauben, der von allen Seiten angegriffen wird, von außen und von innen. Die Angriffe können sehr subtil sein, und vielleicht nehmen wir sie zunächst gar nicht als solche wahr. Doch kann sich das Gift der Relativierung des Glaubens und damit auch der Moral scheinbar wie selbstverständlich sogar in der heiligen Kirche ausbreiten. Wenn die berufenen Hirten nicht wachsam sind oder gar kooperieren, ist der Kampf unausweichlich, und wir müssen beim Herrn Zuflucht nehmen, um uns für die Verteidigung des heiligen Glaubens zurüsten zu lassen.
In allem gilt es, auf den Herrn ausgerichtet zu sein. Wir dürfen nie vergessen, daß diese Erde nicht unsere ewige Heimat ist, sondern die Zeit der Bewährung. Deshalb sollten auch unsere Bemühungen nicht darauf zielen, uns hier einzurichten, sondern die Ewigkeit in den Blick zu nehmen. Das ist große Weisheit, denn es lehrt uns, sehr verantwortlich mit unserem Leben und unserer christlichen Berufung umzugehen. Der heilige Paulus sagt es sehr treffend: “Das Ziel vor Augen jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt.” (Phil 3,14)
Die Freude auf das ewige Heil in Gott kann uns sehr beflügeln, die irdischen Begrenzungen leichter zu überwinden und besser mit ihnen umzugehen, denn die Liebe macht alles behende. So wird der Blick auf das, was uns in der Ewigkeit erwartet, nicht nur etwas, was weit von uns entfernt ist und was wir irgendwann einmal erreichen, sondern er ragt als Kraft der Freude und auch der Klugheit bewußt in unser zeitliches Dasein hinein. Die Heilige Schrift mahnt uns ja, daran zu denken, daß wir sterben müssen, um unser Leben klug vor Gott zu gestalten (vgl. Ps 90,12).
Noch stärker als die Tugend der Klugheit ist allerdings das Feuer der Liebe und die Sehnsucht nach Gott, unserem Vater, die den heiligen Paulus dazu bewegt hat, alles zu tun, was ihm aufgetragen wurde: Wenn uns die Kreuze des Lebens erreichen, mögen die Worte des heiligen Paulus ein Trost für uns sein: “Ich bin nämlich überzeugt, daß die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.” (Röm 8,18)
Die wunderbaren Gaben des Geistes werden uns in allen Lebenslagen das schenken, was Gottes Güte für uns ersonnen hat. Wenn sie in unserem Leben erblühen, dann werden auch andere Menschen, die den Glauben noch nicht kennen, unser Zeugnis wahrnehmen. Wenn das geschieht, dann können wir dazu beitragen, Menschen einzuladen, zu Gott nach Hause zu kommen und das Heil in Christus zu erlangen.