“Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele Grund!
Ohne dein lebendig Wehen, kann im Menschen nichts bestehen, kann nichts heil sein noch gesund!
Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben ein, heile du, wo Krankheit quält!
Wärme Du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, lenke, was den Weg verfehlt!”
(Auszug aus der Pfingstsequenz)
Gottes Geist dringt tief in uns ein, bis auf der Seele Grund. Er will also in die Mitte unseres Seins vordringen und dort Wohnung nehmen, wo auch der Vater und der Sohn im Menschen wohnen, wie es Jesus gesagt hat (Joh 14,23). Dort kann uns der Heilige Geist nach dem Bilde Gottes formen, wenn wir es ihm erlauben. Das ist das große Werk des Heiligen Geistes in der Seele des Menschen, nachdem er ihn zur Umkehr und zum Liebesgehorsam Gott gegenüber geführt hat.
Gott hat uns ja “nach seinem Bild und Gleichnis” (Gen 1,26) geschaffen und uns mit einer unsterblichen Seele ausgestattet. Durch die Erbsünde und ihre Folgen ist dieser große Schatz leider so sehr entstellt worden, daß von der ursprünglichen Schönheit der Seele manchmal nur noch eine Ahnung übrigbleibt. Die Sünde setzte ihr Zerstörungswerk fort und stellte sich als scheinbar unüberwindliche Barriere zwischen Gott und den Menschen. Die Gesetze und Gebote des Alten Bundes zeigten dem Menschen, wie er leben sollte, zeigten ihm auch die Konsequenzen der Sünde, aber sie gaben ihm nicht die Kraft, die Gebote zu erfüllen.
Mit der Gnade der Vergebung der Sünden aber, die Jesus durch sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung erworben hat und die uns in der Taufe geschenkt wird, beginnt ein neues Leben. Es sollte dem Menschen das geschenkt werden, was er verloren hatte, und das geordnet werden, was in ihm durcheinandergeraten war. Die Menschwerdung des Herrn ist eine Gnade, die weit über das hinausgeht, was Gott den Menschen des Alten Bundes gegeben hat.
Die Einwohnung des Heiligen Geistes und sein Wirken in uns lassen nun dieses neue Leben, das wir in der Taufe empfangen haben, wachsen und reifen. Wenn wir dem Wirken des Heiligen Geistes folgen, empfangen wir eine neue Schönheit. Es ist nicht mehr die Schönheit paradiesischer Unschuld, sondern die Schönheit einer erlösten Seele, die von Christus umkleidet ist.
Damit dies geschehen kann, beginnt der Heilige Geist das Werk der Heiligung im Menschen. Da er die Liebe des Vaters und des Sohnes ist, senkt er diese Liebe in unsere Seele ein. Das bewirkt eine ganz tiefe Berührung der menschlichen Seele durch den »göttlichen Gast«, der nun unseren Seelengrund erleuchtet.
Mit dieser Liebesbegegnung wird der Seele auch klar, wo sie dieser großen Liebe noch nicht entspricht, und sie macht sich auf den Weg, sich in allem nach dem erkannten Licht auszustrecken.
Dabei erkennt sie die ungeheure Befleckung durch die Sünde und ergreift die von Gott gegebenen Mittel zur Reinigung der Seele: “Was befleckt ist, wasche rein!”
Da die Sünden – und auch die Wunden, welche die Sünde geschlagen hat – Verletzungen der Liebe und der Wahrheit darstellen, kann uns nur der Heilige Geist, der Liebe und Wahrheit ist, reinwaschen.
Dem, was durch den Mangel an Liebe und Wahrheit im Menschen vertrocknet ist, haucht er wieder Leben ein.
Durch die Sünde kann unser Herz oft kalt und hart werden, sich dem anderen Menschen gegenüber verschließen, besonders wenn die Sünden des Stolzes und der Überheblichkeit in uns wirksam sind. Es ist dann eine lange Arbeit des Heiligen Geistes, uns aus dem Stolz und den damit verbundenen Haltungen herauszuführen, denn im Stolz fällt der Mensch immer wieder auf sich selbst zurück und verschließt sich dem Wirken des Geistes.
Irrwege des Menschen führen ihn persönlich ins Unglück und berühren auch das Leben der Anderen. Deshalb führt der Heilige Geist den sündigen Menschen zum Kreuz Christi, damit er dort Vergebung und Erbarmen findet. Das tut er auch immer wieder von Neuem, wenn wir in der Nachfolge des Herrn trotz aller aufrichtigen Bemühungen zu Fall kommen.
Das Hören auf den Heiligen Geist führt uns auf einem sicheren Weg, wenn wir in Demut seine Führung annehmen. So wie er die Kirche führen will und führt, so ist es auch im persönlichen Leben. Deshalb ist der Schlüssel zu einer fruchtbaren Nachfolge Christi das Hören und die Vertrautheit mit dem Heiligen Geist.