Apg 4,23-32
Nach ihrer Freilassung gingen sie zu den Ihren und berichteten alles, was die Hohepriester und die Ältesten zu ihnen gesagt hatten. Als sie das hörten, erhoben sie einmütig ihre Stimme zu Gott und sprachen: Herr, du hast den Himmel, die Erde und das Meer geschaffen und alles, was sie erfüllt; du hast durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, durch den Heiligen Geist gesagt: Warum tobten die Völker, warum machten die Nationen nichtige Pläne? Die Könige der Erde standen auf und die Herrscher haben sich verbündet gegen den Herrn und seinen Christus.
Wahrhaftig, verbündet haben sich in dieser Stadt gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels, um alles auszuführen, was deine Hand und dein Wille im Voraus bestimmt haben, dass es geschehe. Doch jetzt, Herr, sieh auf ihre Drohungen und gib deinen Knechten, mit allem Freimut dein Wort zu verkünden! Streck deine Hand aus, damit Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus! Als sie gebetet hatten, bebte der Ort, an dem sie versammelt waren, und alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und sie verkündeten freimütig das Wort Gottes.
Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam.
Vielleicht erklärt uns der Text auf einem indirekten Weg, was der Hauptmangel oder eines der wesentlichen Hindernisse der heutigen Verkündigung ist. Es ist der Mangel an Freimut, durch die Menschenfurcht verursacht! Die Menschenfurcht ist wie eine Kette, welche sich um den Menschen legt und ihn hemmt, das zu tun, was der Herr von ihm möchte. Es ist klar, daß dadurch die Ausbreitung des Wortes Gottes gehemmt wird! Und in der Tat: Wir müssen leider feststellen, daß man auch in der Kirche immer weniger den Mut hat, z.B. die Sünde als solche zu bezeichnen, und somit in der Gefahr steht, das Evangelium nur so zu verkünden, wie es dem Menschen angenehm ist.
Anderes hören wir heute von den Aposteln die – vom Heiligen Geist gestärkt – bereit sind, das Evangelium weiterzugeben, obwohl sie genau wissen, daß sie sich ständig in Todesgefahr befinden. Die Drohungen sind ausgesprochen, und es ist den Aposteln klar, daß es eine Art Komplott zwischen Herodes und Pilatus, den Heiden und den Stämmen Israels gibt, der sich gegen Jesus richtet. Gott nimmt jedoch diese Feindschaft gegen Jesus in den Dienst, um seinen Heilswillen ausführen zu lassen: Der Tod des Herrn am Kreuz wird zur Sühne für die Sünden der Menschheit und seine glorreiche Auferstehung zum Sieg über Hölle und Tod.
Zwar ist es den feindlichen Mächten gestattet zu verfolgen, aber die Verkündigung des Wortes Gottes können sie nicht verhindern. Alles, was sie unternehmen, wird der Herr in seinen Heilsplan einfügen. Verfolgungen werden dazu führen, daß das Wort auf andere Weise und unter anderen Umständen weitergetragen wird, denn der Auftrag zur Evangelisierung muß erfüllt werden. Die Menschen sollen Kunde vom Evangelium erhalten, sie sollen um die Liebe unseres Vaters wissen, der sie sucht und mit ihnen in Gemeinschaft leben möchte. Sie sollen Jesus begegnen, der allein der Weg zum Vater ist.
Um sich ganz in diesen Dienst des Evangeliums zu stellen, braucht es Freimut, die Überwindung der Menschenfurcht. Der Blick muß auf Gott gerichtet werden und nicht zuerst auf die Menschen! Wir sind gerufen, den Menschen in Gott zu begegnen.
Die Evangelisierung ist ein Auftrag. Deshalb muß immer der Wille des Auftraggebers im Blick sein. Dann kommt als nächster Schritt hinzu, in welcher Weise ich diesen Auftrag am besten erfülle! Dabei sollen mich Klugheit und die Gabe des Rates führen, und nicht etwa die Furcht vor den Menschen mich beeinträchtigen. Es darf nicht geschehen, etwas zu vermeiden, nur weil es die Menschen einem übelnehmen könnten. Auch die Furcht vor allen möglichen Nachteilen, die Furcht, gegen die „political correctness“ zu verstoßen, die Furcht vor konkreten Verfolgungen usw. darf uns nicht hindern, das Evangelium zu verkünden.
Deshalb ist dieses Gebet der Apostel um Freimut so wesentlich und auch eine Weisung für uns. Der Herr möge uns den Mut schenken, die Wahrheit zu verkünden, ob gelegen oder ungelegen.
Leider sind viele Hirten in unserer Kirche dazu übergegangen, mehr auf die Menschen als auf Gott zu schauen. Sie konfrontieren die von Gott abgewandte Welt nicht mehr genügend mit dem Evangelium, sondern suchen Wege, mit dieser Welt irgendwie zu harmonisieren.
Diese Richtung ist nun schon seit einigen Jahrzehnten eingeschlagen, und sie wird immer stärker! Man getraut sich nicht mehr, sich der Klarheit des Evangeliums zu stellen, welches uns deutlich macht, daß das Reich Gottes sich wesentlich von vielen Zielen dieser Welt unterscheidet.
Wir sollen die Welt in dem Sinne lieben, daß wir uns insbesondere um das Seelenheil der Menschen kümmern und als Folge auch um die Werke der Barmherzigkeit.
Diese Welt ist nicht unser Zuhause, sondern der Ort, an dem wir uns bewähren und im Weinberg des Herrn mitarbeiten, damit auf der Erde sein Wille geschehe, wie im Himmel! Es bleibt die Feindschaft gegen das Evangelium, mit der wir immer zu rechnen haben, bis der Herr wiederkommt und alles vollenden wird. Deshalb ist das Gebet um Freimut essentiell. Gott zuerst! Das dürfen wir nie vernachlässigen.