Pfingstexerzitien, Teil 5
In der Unrast schenkst Du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu!
wörtlich übersetzt hieße es: In der Mühe bist du Ruhe! In der Hitze Mäßigung.
Die äußere Unruhe
Wir lassen uns leicht von der Dynamik der Arbeiten in der Welt und von ihrem Getriebe vereinnahmen. Auch die Vielzahl von Begegnungen und Kontakten, zusammen mit den heutigen nahezu unbegrenzten Kommunikationsmöglichkeiten, lassen leicht eine fast grundsätzliche Unruhe um uns herum entstehen. Heilige Stille findet man immer seltener, sogar die Kirchen werden immer mehr zu Orten der Unruhe, statt wertvolle Plätze der Sammlung zu sein!
Es gilt sich unter der Führung des Heiligen Geistes den lärmenden und zerstreuenden Umständen zu entziehen, wenn diese nicht unabdingbar sind. Innerhalb der äußeren Unruhe, welche uns umgibt, brauchen wir einen inneren Ankerpunkt. Das bedeutet, daß wir durch das verinnerlichte Gebet einen Inneraum in der Seele entstehen lassen, in dem der Heilige Geist lebt und uns mit seiner Gegenwart und Ruhe beschenkt. In diesen inneren Raum – wir könnten auch Mönchszelle dazu sagen – können wir uns auch bei äußerer Unruhe zurückziehen.
Die innere Unruhe
Doch ist die Unrast nicht primär auf die äußeren Umstände zu beziehen. Es handelt sich häufig noch um eine Art “inneres Getriebensein”, welches wir bei entsprechender Aufmerksamkeit wahrnehmen können. Wir sind noch nicht richtig in Gott und in uns selbst zuhause. Doch sollten wir eigentlich von einer inneren Ruhe ausgehend, die wir durch eine enge Beziehung mit Gott finden, unser äußeres Leben so gestalten, daß es – trotz aller äußeren Anforderungen und Anstrengungen – einen ruhigen gleichmäßigen Rhythmus bekommt. In der Regel jedoch sind wir versucht, uns leicht einem äußeren und inneren Stress auszusetzen. Vielleicht sind wir auch zu sehr davon in Anspruch genommen, alle möglichen Wünsche und Erwartungen, welche an uns herangetragen werden zu erfüllen, ohne zu prüfen, ob sie überhaupt berechtigt sind und es dienlich ist, ihnen zu entsprechen.
Deshalb ist es hilfreich, sich häufig der Gegenwart des Heiligen Geistes bewußt zu werden und alle spürbare innere Unruhe und Getriebenheit im Gebet zu ihm zu tragen. Er kann uns aus der Verhaftung an die jeweilige Situation lösen, welche die Unruhe bewirkt, und uns so zur inneren Ruhe führen. Das geschieht dadurch, daß wir den Blick auf Gott ausrichten, also auch die jeweilige konkrete Situation in der wir uns befinden, vom Herrn aus betrachten. Geschieht dies, dann schwindet zumeist schon die Unruhe und Verkrampfung, der drängende und uns oft unfrei machende Eindruck unserer Empfindungen weicht.
Der Herr möchte sicher nicht, daß wir den äußeren und inneren Weg der Nachfolge Christi in Unruhe und Getriebenheit vollziehen, sondern im Vertrauen und in der Sicherheit seiner Gegenwart. Außerdem wird alles, was wir tun – wenn wir es bewußt mit dem Herrn verbinden – zur Mitarbeit am Reich Gottes. Es soll also den “Geschmack” der Gegenwart des Heiligen Geistes bekommen, der sich sehr von der Unruhe unserer natürlichen Verhaltensweisen unterscheidet. Denken wir auch an das Zeugnis, das wir nach außen abgeben. Ein Christ, der in Unruhe und Verkrampftheit sein Leben führt, dürfte kaum anziehend für andere Menschen wirken!
Diese Ruhe, welche der Heilige Geist schenken will, ist jedoch nicht nur eine momentane Beruhigung und Entkrampfung der Situation – was sie auch ist – , sondern eine wachsende grundsätzliche innere Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, welche der Seele den Frieden Gottes schenkt. Diese Ruhe nun – zusammen mit dem inneren Frieden – wird in der jeweiligen konkreten Situation aktualisiert, verbreitet Licht und Klarheit und durchdringt unsere Unruhe und Unrast.
In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, etwas über die ungeordneten Leidenschaften nachzudenken, welche oft die Unruhe in uns erzeugen.
Exkurs: Die ungeordneten Leidenschaften
Damit sind unsere natürlichen Antriebe gemeint, welche sich auf die Erreichung falscher oder unwichtiger Inhalte richten. So werden sie ungeordnet, weil sie vom Ziel her falsch eingesetzt werden.
Die Ungeordnetheit kommt jedoch auch zustande, wenn die natürlichen Antriebe nicht durch eine angebrachte Askese gezügelt werden. Sie beherrschen dann den Menschen und er tut u.U. was er eigentlich nicht will (vgl. Röm 7,19).
Nehmen wir als Beispiel den Zorn. Wird dieser nicht gezügelt und entzündet sich an der Nichterfüllung der eigenen Vorstellung, dann tut der Mensch nicht das, was recht ist.
Die Aufgabe der Zügelung unserer ungeordneten Leidenschaften ist für den Fortschritt im geistlichen Leben sehr wichtig. Sie schafft eine gute Grundlage, daß wir beständige und verläßliche Menschen werden, die nicht vom Wind hin und hergetrieben sind. Der Heilige Geist gib uns hier eine entscheidende Hilfe!
Es ist der Heilige Geist, der Ordnung in das Chaos bringt. Das ist nicht nur kosmisch in Bezug auf die Erschaffung der Welt gemeint, sondern er bringt Ordnung in das Chaos der Sünde und ihre Auswirkungen auf unser Leben. In der Hitze in Auseinandersetzungen, wenn z.B. die Leidenschaften “hochkochen”, schenkt der Heilige Geist Mäßigung. Die entsprechenden Gefühle werden gezähmt, die aus ihnen kommenden Worte (vgl. Jak 3,6ff) beruhigt und auch entgiftet. Die Hitze – eben die ungezügelte Leidenschaft – übertreibt in der Regel, verletzt, verliert die Sachlichkeit, welche uns der Heilige Geist durch sein Licht wieder zurückschenkt!
Halten wir fest: Der Heilige Geist, wenn er in unserem Inneren wohnt und dort auch zu Hause ist, wird durch seine göttliche Gegenwart, die sich besonders als Liebe, Licht und Wahrheit zeigt, zu dem auf Gott hin geordneten Prinzip des inneren und äußeren Lebens. Dies tut er nicht nur, indem er unseren Verstand erleuchtet und uns die rechte Erkenntnis schenkt, sondern auch durch die Berührung unserer inneren Unordnung. Somit schenkt er die Kraft, Unruhe und Hitze zurückzulassen und sie in der Gnade Gottes zu überwinden.