496. Kleine Vaterbetrachtung
Der Heilige Benedikt empfiehlt seinen Mönchen, bewußt in der Gegenwart Gottes zu leben. Das ist ein hervorragender Rat und läßt den Menschen zu seiner ganzen Wirklichkeit erwachen. Die Wahrheit, daß Gott über den Seinen wacht, wird immer und immer wieder beschrieben. Das Auge Gottes ruht auf allen und über allem.
Welches Glück, daß dieses Auge von einem liebenden Vater kommt und nicht etwa das Auge eines “Großen Bruders” ist, der die ganze Welt kontrollieren möchte. Im Vaterbuch heißt es:
“Ich wünsche mir also, daß der Mensch sich oft daran erinnert, daß ich dort bin, wo er ist; daß er nicht leben könnte, wenn ich nicht bei ihm wäre und leben würde wie er. Trotz seines Unglaubens höre ich nie auf, immer neben ihm zu sein.”
Es ist also ein zutiefst personales Geschehen, durch das Gott sich uns zuwendet. Es ist der Blick der Liebe auf sein Geschöpf, das in einem erlösten Zustand vor ihm wandeln soll und mit dem er innige Gemeinschaft pflegen will. Dieses Angebot ist für alle Menschen da. Gott zieht es auch nicht zurück, wenn der Mensch in seinem Unglauben diese liebende Gegenwart nicht wahrnehmen kann. Ja, selbst wenn der Mensch Gott zurückweist, zieht Er sich nicht zurück, sondern ruft ihn, sich ihm zuzukehren.
Welche Gnade, sich daran zu erinnern, daß wir nie allein sind, nie ohne das liebende Herz Gottes, nie ohne das Angebot, zu ihm nach Hause kommen zu dürfen, nie ohne wahren Trost.
Aber seine Gegenwart formt uns auch und korrigiert unsere Wege, wenn wir abgleiten. Sie erzieht uns, alles mit Blick auf unseren Vater zu tun, um mit ihm in Einheit zu handeln. Sie hilft uns, unsere menschliche Natur zu zügeln, wenn wir in Gefahr sind, uns ihren ungeordneten Antrieben zu überlassen.