498. Kleine Vaterbetrachtung
Wir bewundern die Liebe einer Mutter, wie sie zu ihrem Kind auch in schwersten Umständen hält. Oft genug ist für nicht wenige Menschen diese Mutterliebe noch der einzige Halt inmitten von Wogen der Verwirrung und Verfremdung des Lebens.
Im Propheten Jesaja wird uns diese Liebe als Beispiel vor Augen gestellt:
“Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, ohne Erbarmen sein gegenüber ihrem leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergißt: Ich vergesse dich nicht!” (Jes 49,15)
Das Vaterbüchlein läßt uns zu diesem Thema wissen:
“Eine Mutter wird nie das kleine Geschöpf vergessen, das sie auf die Welt brachte. Ist es nicht noch schöner, wenn ich mich an alle Geschöpfe erinnere, die ich auf die Welt gebracht habe? Wenn also eine Mutter dieses kleine Wesen liebt, das ich ihr geschenkt habe, so liebe ich – der es erschaffen hat – es doch noch viel mehr. Und wenn es manchmal vorkommt, daß eine Mutter ihr Kind weniger liebt, weil es sein kann, daß ihm etwas fehlt, so ist bei mir das Gegenteil der Fall: Ich werde es umso mehr lieben. Eine Mutter könnte es fertigbringen, ihr Kind zu vergessen oder nur selten daran zu denken, vor allem, wenn es alt genug und nicht mehr ihrer Aufsicht unterstellt ist; ich aber werde es niemals vergessen. Ich liebe es immer: auch dann, wenn es sich nicht mehr an mich, seinen Vater und Schöpfer, erinnert, werde ich daran denken und es weiterhin lieben.”
Den Menschen aus dem Nichts zu rufen und ihm die unsterbliche Seele einzuhauchen, die uns ihm ähnlich macht, ist ein noch weit bewußterer Akt der Liebe als die Mutterliebe, welche der menschlichen Natur entspringt. Sie ist die Liebe schlechthin, die Gott selbst ist und jeden einzelnen Menschen meint, den Er ins Leben ruft. Er lebt unauslöschlich im liebenden Gedächtnis Gottes, der ihn nicht nur geschaffen, sondern für ihn auch die Erlösung und das Ewige Leben bereitet hat. So kann ihn Gott um seiner Liebe willen gar nicht vergessen, und das soll der Mensch wissen, in dieser Sicherheit soll er leben!