“Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken und Ephraim nicht noch einmal vernichten. Denn ich bin Gott und nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte. Darum komme ich nicht in der Hitze meines Zorns.” (Hos 11,9)
Zweifellos gibt es viele Handlungen der Menschen, die unter dem Zorn Gottes stehen, denn Gott ist barmherzig, aber auch gerecht. Denken wir z.B. daran, wie der Gottessohn die Händler aus dem Tempel hinausgetrieben hat (Joh 2,14-16), wo sie ihre Geschäfte betrieben, statt Gott anzubeten, und so zur Verunreinigung des heiligen Bezirks beitrugen.
Oder denken wir an die Beleidigungen Gottes durch die Sünde; und wir wissen, daß besonders die Idolatrie, hinter der sich die Dämonen verbergen, den Zorn Gottes herausfordert.
Doch unser Vater ist nicht ein Gott des Zornes, der den Menschen nach Laune strafen würde, wie man heidnische Gottheiten oft darzustellen weiß. Nein, aber unser himmlischer Vater ist gerecht. Verfehlungen des Menschen bedürfen der Vergebung und der Sühne. Wenn sie schwerwiegend sind, gilt das in besonderem Maß. Solange der Mensch nicht diesen Weg der Versöhnung durch den Gottessohn annimmt, lebt er sozusagen »unter dem Zorn Gottes«, d.h. die liebende Gegenwart der versöhnenden Liebe kann nicht in sein Herz eindringen und die Mächte der Finsternis haben ungehindert Zugang zu seinem Leben, um es zu verwirren und zu knechten.
Die Absicht des Vaters ist jedoch eine andere. Er, der Heilige, handelt gemäß der immerwährenden Liebe, die er selbst ist (1 Joh 4,16b). Und diese Liebe will nicht strafen, sondern retten. Sie will vergeben, sie nimmt die Schuld der Menschen auf sich, sie will selbst den größten Sünder nach Hause führen. Und sie leidet, wenn sie zurückgewiesen wird.
“Die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht!” (Jak 2,13). Gott kommt daher nicht in der Hitze seines Zornes, sondern als “das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt” (Joh 1,29b)
Nimmt die Welt diese Gnade nicht an, dann bleibt sie »unter dem Zorn Gottes«.