“Die Liebe Gottes gebiert die Liebe der Seele. Gott richtet als erster seine Aufmerksamkeit auf die Seele, und dadurch wird sie auf ihn aufmerksam. Er sorgt sich um sie, und sie fängt dadurch an, sich um ihn zu sorgen.” (Heiliger Bernhard von Clairvaux)
Alles geht von unserem Vater aus, der uns aus Liebe erschaffen hat und die Liebe zu ihm in unsere Seele gelegt hat. Nur wenn die Seele auf diese Liebe antwortet, findet sie ihren tiefsten Daseinsgrund, und sie wird zum wahren Leben erweckt. Sie weiß sich von unserem Vater geliebt, und diese Liebe bewirkt, daß sie immer mehr Ausschau nach ihrem Schöpfer hält. Sie beginnt sich nach ihm zu sehnen, ja existenziell nach ihm zu verlangen: “Gott, Du mein Gott, Dich suche ich, meine Seele dürstet nach Dir. Nach Dir schmachtet mein Leib wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser” (Ps 63,2). Gott wird zu ihrem großen Thema: “Ich denke an Dich auf nächtlichem Lager und sinne über Dich nach, wenn ich wache” (Ps 63,7).
Immer mehr beginnt die Seele die sorgende Liebe Gottes, seine Weisheit und Zärtlichkeit wahrzunehmen. “Herr, Du hast mich erforscht und Du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, Du weißt von mir. Von fern erkennst Du meine Gedanken. Ob ich gehe oder ruhe, es ist Dir bekannt; Du bist vertraut mit all meinen Wegen” (Ps 139,1-3).
Die sorgende Liebe unseres Vaters erweckt sie, sich immer mehr um die Anliegen Gottes zu kümmern. Durch das Erwachen des Geistes der Frömmigkeit beginnt sie, mehr an Gott als an sich selbst zu denken. Sie will ihm gefallen und wissen, was unserem Vater am Herzen liegt. Ihre Liebe beginnt zu reifen, sie wird größer und stärker. Nun übernimmt die Seele die ganze Verantwortung für ihr von Gott geschenktes Dasein und wird so zum lebendigen Heiligtum des Dreifaltigen Gottes.