HINWEIS: Heute, am Fest der Heiligen Lucia, hören und betrachten wir das Evangelium nach dem liturgischen Kalender der traditionellen Messe. Wer mehr über die Geschichte der Heiligen erfahren möchte, dem empfehle ich folgende Betrachtung: https://elijamission.net/2023/12/13/
Mt 13,44-46
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker. Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie!
Männer und Frauen, die nach diesem Wort gehandelt haben, werden uns zu Recht als Heilige vorgestellt.
Das Wort: »alles auf eine Karte setzen« kennen wir vom Glücksspiel, aber es gilt auch im übertragenen Sinn, wenn jemand alles riskiert. Wie viele Menschen sind durch eine solche radikale Entscheidung schon tief enttäuscht worden, wenn sich irdische Glücksversprechungen nicht erfüllt haben? Oder wir haben im Leben all unsere Hoffnungen auf einen bestimmten Menschen gesetzt und mußten dann erfahren, daß seine Unvollkommenheiten es nicht erlaubten, unsere Erwartungen zu erfüllen.
Anders verhält es sich mit dem Reich Gottes, von dem das heutige Evangelium spricht: Der Schatz im Acker ist Gott selbst. Ihn zu finden, bedeutet alles! Da gibt es keine Täuschung und somit auch keine Enttäuschung. Da kann man ohne Zweifel seinem innersten Streben nach völliger Hingabe folgen.
Gott schenkt uns diese Dimension in unserem Leben, ja er ruft uns, uns ganz auf ihn einzulassen. Die Jünger des Herrn haben auf diesen Ruf geantwortet; dem reichen Jüngling aber, der ein gutes Leben geführt und die Gebote Gottes gehalten hatte, fehlte noch ein letzter Schritt: “Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib ihn den Armen; und du wirst einen Schatz im Himmel haben” (Mt 19,21). Der Jüngling hatte noch einen Schatz außer Gott – es war sein irdischer Reichtum, an dem er hing, und so war seine Hingabe nicht vollkommen.
Gott ist der Einzige, der unsere Sehnsucht nach absoluter Liebe und Wahrheit beantworten kann, und der diese Sehnsucht selbst in uns hineingelegt hat. Deshalb gilt, was der heilige Augustinus sagt, weil er es tief erlebt hat: “Unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in Dir.”
In der Welt von heute werden uns allerdings so viele Ersatzbefriedigungen angeboten, daß diese Suche nach dem Wahren, dem Eigentlichen, dem Unveränderlichen sehr in den Hintergrund treten kann. In einer Zeit, in der der Relativismus um sich greift, wird die Frage nach einer alleingültigen Wahrheit immer mehr unterdrückt. Stattdessen werden dem Menschen Halbwahrheiten angeboten, eine Nahrung, die ihn nicht wirklich satt machen kann. Er soll dieses Leben genießen, ohne nach dem tieferen Sinn des Daseins zu fragen. Ja, als das eigentliche Ziel seines Lebens soll er den Genuß des Lebens betrachten, wie es nach dem Motto einiger Atheisten in Europa hieß: “Gott gibt es wohl nicht: genieße das Leben!”
Deshalb läßt der Herr vielleicht auch Dinge und Umstände zu, die uns darauf aufmerksam machen sollen, daß unsere irdischen Ziele und Erwartungen sich nicht erfüllen, daß sie uns keinen letzten Frieden geben können. Er läßt uns die innere Leere wahrnehmen, die aus einem Leben resultiert, das nicht auf ihn hingeordnet ist, und soll uns daran erinnern, daß ein Leben, das sich von Gott abwendet, auf das Nichts zugeht.
Dann kann uns das Wort aus der heutigen Lesung treffen: alles zu verlassen, um das Eigentliche zu finden. Und dieses Eigentliche ist die unendliche Liebe Gottes, ist die wahre Heimkehr zu ihm. Der heilige Paulus drückt es folgendermaßen aus: “Ich halte dafür, daß alles Verlust ist, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles überragt. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben.” (Phil 3,8). Und das Buch Kohelet sagt uns: “Windhauch, das ist alles Windhauch … ” (Koh 1,1), nur “alles, was Gott tut, das besteht für ewig” (Koh 3,14).
In der wahren Begegnung mit Gott verwandelt sich alles, erhält alles seinen Platz, der jedem Menschen, jedem Ding oder Umstand zusteht. Von daher schließt sich das heutige Wort auf. Angesichts der unendlichen Liebe Gottes – und Gott gebührt der erste Platz in unserem Leben – wird alles andere in ein Verhältnis dazu gesetzt. Wer würde eine zeitliche und unvollkommene Liebe der unendlichen und absoluten Liebe Gottes vorziehen? Nur ein Tor!
Um Gottes willen alles zu verlassen, um ganz in seiner Liebe zu Hause zu sein, mag in den Augen der Welt Torheit sein, aber in den Augen Gottes ist es große Weisheit und in einem tieferen Sinn auch realistisch. Was nehmen wir denn im Tod mit?
So ist das Wort des Herrn im heutigen Evangelium eine wunderbare Einladung, sich ganz auf seine Liebe einzulassen. Dieser Liebe können wir uns immer gewiß sein, wenn wir unser Herz nicht vor Gott verschließen und ihm damit die Möglichkeit nehmen, uns seine Liebe spüren zu lassen. Um dieser Liebe willen können wir alles hinter uns lassen. Für sie sind wir geschaffen!