Mk 8,5-11
Als er nach Kafarnaum kam, trat ein Hauptmann an ihn heran und bat ihn: Herr, mein Diener liegt gelähmt zu Hause und hat große Schmerzen. Jesus sagte zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Da antwortete der Hauptmann: Herr, ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst; sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund.
Auch ich muss Befehlen gehorchen, und ich habe selber Soldaten unter mir; sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es. Jesus war erstaunt, als er das hörte, und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: Amen, das sage ich euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden. Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen.
In den Adventsbetrachtungen werden wir als übergeordnetes Thema besonders die Wiederkunft Christi im Auge behalten. Auf sie läuft die ganze Heilsgeschichte zu, und wir Christen tun gut daran, diese Dimension bewußt in unser Leben einzubeziehen. Niemand kennt Zeit und Stunde, außer Gott selbst. Doch gilt es vorbereitet zu sein, damit der Herr seine Braut wachend und gläubig vorfindet, wenn er am Ende der Zeiten kommt.
Heute thematisiert das Evangelium den Glauben: „Einen solchen Glauben habe ich in ganz Israel noch bei niemand gefunden!“
Diesem Glauben des Hauptmannes wollte der Herr sich nicht entziehen, obwohl dieser nicht zum Volk Israel gehörte, Jesus sich aber zu den verlorenen Schafen Israels gesandt wußte (vgl. Mt 15,24). Im Gegenteil, der Hauptmann gehörte zur römischen Besatzungsmacht und dieser stand das Volk eher feindselig gegenüber. Jesus schaute aber auf das Herz dieses Mannes und auf seinen erstaunlichen Glauben. In die heilige Liturgie der römischen Kirche wurde ein Satz dieses Hauptmanns, etwas abgewandelt, aufgenommen und im alten römischen Ritus gar dreimal wiederholt: „Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort und meine Seele wird gesund.“
Was macht den Glauben des Hauptmanns so beispielhaft, daß Jesus ihn allen vor Augen stellt?
Da ist zunächst eine Demut erkennbar. Der Hauptmann ist sich bewußt, daß zwischen ihm und Jesus ein großer Unterschied besteht. In keiner Weise tritt er als der stolze Römer auf und fordert von Jesus eine Heilung. Nein, er kommt und bittet für einen anderen Menschen, für seinen kranken Diener. Gehen wir davon aus, daß er das nicht aus Eigennutz tat, so sehen wir, daß er ein Herz für seinen Diener hatte. Das war bestimmt anders als bei vielen anderen Römern, bei denen die Diener sicherlich einfach ausgewechselt wurden, wenn sie ihren Dienst nicht mehr erfüllen konnten! Daß aber der Hauptmann sich aufmachte um seines Dieners willen, weil dieser große Schmerzen litt, weist auf eine andere Haltung des Hauptmanns gegenüber seinen Untergebenen hin.
Von seinem eigenen Beispiel, als Hauptmann, der Befehle gab, die befolgt wurden, schloß er leicht auf die Vollmacht des Herrn und es war ihm klar, daß das geschehen würde, was der Herr sagt. Es genügte ein Wort von Jesus, er brauchte gar nicht selbst zu kommen!
Und Jesus gewährte ihm die Erhörung seiner Bitte: „Geh! Es soll geschehen, wie du geglaubt hast. Und in derselben Stunde wurde der Diener gesund.“
Hier finden wir wirklich eine beispielhafte Haltung des Glaubens: Auf dem Fundament der Demut lebt die liebende Sorge um einen anderen und die feste Überzeugung, daß der Herr heilen kann.
Doch ist dieses Beispiel noch aus einem anderen Grund wichtig! Jesus macht im Kontext dieses Geschehens eine Aussage über die Zukunft: „Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch sitzen; die aber, für die das Reich bestimmt war, werden hinausgeworfen in die äußerste Finsternis; dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.“
Das gilt für das Kommen der Völker, für die der heidnische Hauptmann ein Zeichen ist. Und in der Tat: Über den Weg des Glaubens an den Gottessohn schenkt Gott den Völkern den direkten Zugang zu ihm. Die Botschaft des Herrn bleibt nicht bei den verlorenen Schafen Israels, sie öffnet sich für die ganze Menschheit, die eingeladen wird, in das Haus des himmlischen Vaters einzukehren!
Wenn wir uns den Glauben des Hauptmannes vor Augen stellen, können wir uns selbst fragen, ob wir einen solchen Glauben besitzen? Der Glaube ist ein wesentliches Element, wenn wir auf die Wiederkunft des Herrn warten. Der Herr stellt ja die Frage: „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden? (Lk 18,8b)“
Nüchtern betrachtet müssen wir feststellen, daß es in vielen Ländern noch sehr wenig wahren Glauben gibt, und in den Ländern, in denen das Evangelium verkündet wurde, ist ein großer Abfall vom Glauben unübersehbar.
Was könnten wir also dem Herrn antworten?
Wir können ihn eigentlich nur bitten, auf den Glauben seiner Kirche zu schauen; und wenn wir das sagen, müssen wir ebenfalls sehen, daß in ihr Apostasie, Verwirrung und Verweltlichung zunehmen und die Zahl der Gläubigen, welche den Glauben versuchen in aller Konsequenz zu leben, leider geringer wird.
Doch hier sind wir selbst gefragt, unseren Glauben zu vertiefen und uns gerade in solchen schweren Zeiten, in denen manche die Kirche in der Passion sehen, den Herrn um die Stärkung unseres Glaubens zu bitten. So vermögen solche Zeiten des zunehmenden Abfalls auch zur Herausforderung zu werden, sich umso tiefer an den Herrn zu binden und anderen Menschen Halt und Orientierung zu geben. Zeiten der Apostasie können uns auf ein baldiges Kommen des Herrn hinweisen und uns dazu aufrufen, uns ganz in den Dienst Gottes zu stellen und alle Lauheit zurückzulassen. Der Apostel Paulus hat wohl schon in seiner Zeit mit einem baldigen Kommen des Herrn gerechnet. Um wieviel näher mag es jetzt sein!