Phil 2,1-5
Wenn es also Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen, dann macht meine Freude dadurch vollkommen, daß ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, daß ihr nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: «Jesus Christus ist der Herr» – zur Ehre Gottes, des Vaters.
Der Apostel, der sich offensichtlich an der Gemeinde von Philippi erfreut und sie ermutigt, den begonnenen Weg mit großer Aufrichtigkeit weiter zu gehen, hält uns auch gleichzeitig einen Spiegel vor Augen. Wie sehen unsere Gemeinden und Gemeinschaften heute aus? Wie ist der Zustand der Kirche? Wie gehen wir miteinander um? Wie weit sind wir selbst Menschen, die Frieden stiften können?
Schauen wir auf die einzelnen Aussagen des Heilige Paulus. Er spricht von “Ermahnung in Christus, Zuspruch aus Liebe”. Hier ist die Dimension der brüderlichen Ermahnung angesprochen. Diese soll dem Bruder oder der Schwester helfen, ihren Weg mit Gott besser zu gehen. Damit verbunden ist das eigene Beispiel, welches Vorbildfunktion haben soll. In diesem Text wird ja direkt nach der Ermahnung in Christus der Begriff “Zuspruch aus Liebe” verwendet. Damit will der Apostel betonen, welche innere Motivation uns bewegen soll, um den Geschwistern im Glauben zu begegnen und sie zu stützen. Diese Haltung, die brüderliche Liebe im Geist des Herrn, durchzieht den ganzen ersten Teil des Textes.
Gerade die brüderliche Liebe im Geist der Herrn ist es, was die im Herrn gestiftete Gemeinschaft ausmacht: Die ganze Bejahung des anderen Menschen, der uns im Herrn Bruder oder Schwester geworden ist. Diese soll nicht nur von der Sympathie bestimmt sein oder allein durch die Nähe der Blutsverwandtschaft geschehen sondern ganz vom Geist Gottes durchdrungen sein, indem sie die Liebe Christi selbst widerspiegelt.
Das ist eine hohe Anforderung, und wir merken, daß unser Herz sich sehr zu verwandeln hat, damit wir zu dieser Liebe fähig werden. Unter der Einwirkung der Gnade kann es leicht geschehen, daß wir in einem Aufschwung des Herzens eine Kraft verspüren, uns der Herausforderung dieser Liebe stellen zu können! Und es ist auch wahr, daß uns die Gnade Gottes dazu befähigt!
Doch müssen wir auf Dauer realistisch unseren Weg gehen und an unserem Herzen arbeiten, denn Ehrgeiz und Ruhmsucht entspringen unserem Herzen und müssen dort überwunden werden. Die kritische Frage, die wir uns zu stellen haben: Bemerken wir die Untiefen unseres Herzens und geben uns darüber Rechenschaft? Oder noch genauer: Sind wir überhaupt bereit, uns zu erkennen, oder fliehen wir vor unseren Fehlern und verdrängen sie?
Damit sprechen wir die Frage der Selbsterkenntnis an. Wir dürfen nicht vergessen, daß nach der Gotteserkenntnis die Selbsterkenntnis das Wichtigste ist, und daß wir mit der Hilfe Gottes in der Lage sein sollten, uns selbst wahrzunehmen. Wir können den Heiligen Geist bitten, uns all das zu zeigen, was tiefer vom Geist Gottes berührt werden muß. Er wird antworten, und so können wir mit seiner Hilfe all das aus dem Weg räumen, was die Liebe hindert, um ein Licht für andere sein zu können.
In all der notwendigen inneren Verwandlung werden wir auf das Beispiel Christi verwiesen. In ihm und in seiner Nachfolge wird das möglich, was wir aus uns selbst nicht vermögen: eine Gemeinschaft der brüderlichen Liebe, die im Herrn vereint lebt und so gesinnt ist, wie es dem Leben in Jesus Christus entspricht.