Wir entdecken bei der Gottesmutter eine große Hörbereitschaft, welche die Voraussetzung ist, damit wir aufnehmen können, was Gott uns zu sagen hat.“ Wer Ohren hat, der höre“ ruft der Herr uns zu und meint damit, daß wir unsere Ohren nicht verschlossen halten sollen, um nur das zu hören, was unserer Eigenliebe gefällt.
Bei der Gottesmutter Maria erwächst diese Hörbereitschaft aus ihrer Demut, ihrer Empfänglichkeit gegenüber Gott. Wie wir gestern betrachteten, ist ihr Herz auf Gott ausgerichtet und so entsteht aus Liebe zu Gott eine grundsätzliche Offenheit, auf ihn zu hören. Der Liebende will hören, was Gott ihm zu sagen hat und er hört es ohne Angst.
Gewiß gehört die Gottesfurcht als Gabe der Weisheit – die Gott keinesfalls verletzen will – als Basis zu der rechten Haltung. So soll auch bleiben, damit nicht ein Zug des Leichtsinns und einer falschen Selbstsicherheit in die Seele einzieht! Doch das Herz, welches Gott gehört, hat ein solches Vertrauen zu Gott, daß es auch bereit ist, jene Dinge wahrzunehmen, die es noch von Gott trennt, um diese mit der Gnade Gottes zu überwinden! Wenn dies zur grundsätzlichen Haltung wird, dann wird der Gehorsam zu einem liebenden und ständigen Aufmerken auf Gott und verliert jede Art von falscher Unterwürfigkeit, welche ihn verunstaltet.
Der Gehorsam Mariens ist ein Gehorsam aus Liebe! Es ist nicht einfach nur ein Befolgen von Anordnungen, sondern es ist ein Gehorsam, welcher der größten Zuneigung zu Gott entspringt, also ein Gehorsam der tieferen Einsicht! Diese Einsicht bedeutet nicht, daß man alles versteht was Gott möchte, sondern es ist die Einsicht, daß Gott als liebender Vater von seinem Grundwesen gut ist und alles was er tut von dieser Gutheit und Liebe erfüllt ist. Es ein personaler Gehorsam. Wir gehorchen Gott, weil er Gott ist und weil er ein liebender und gerechter Gott ist!
Dieser Gehorsam aus wahrer Einsicht führt zu einer großen Freiheit und wird zu einer Selbstverständlichkeit, denn er überwindet immer mehr das, was uns noch von Gott trennt!
Bei Maria ist der Gehorsam selbstverständlich, denn der liebende Gehorsam ist ja nichts anderes als die Liebe Gottes aufzunehmen und in ihr zu handeln. So wird er zu einem königlichen Weg und erlaubt dem Heiligen Geist uns immer feiner in die innerste Beziehung zu Gott hineinzunehmen, und für die Weisungen Gottes grundsätzlich empfänglich zu werden!
Aus dieser innersten Haltung der Gottesmutter heraus kommen ihre Ratschläge an uns, z.B.: „Was er euch sagt, das tut!“ Das ist kein militärischer Befehl, der eine andere Weise des Gehorsams berührt, es ist auch nicht einfach eine Anordnung, der man zu folgen hat, was ebenfalls ein Aspekt des Gehorsams ist.
Die Jungfrau Maria möchte uns die Selbstverständlichkeit ihres eigenen Hörens auf Gott vermitteln. Der Gehorsam ist nicht ein Joch, dem man sich einfach zu beugen hat, vielleicht sogar manchmal eine Art „kalter Gehorsam“, der die eigene Person mehr oder weniger ausschaltet. Stattdessen sollen wir zu einem Gehorsam erweckt werden, der die volle liebende Bejahung der Person Gottes und die liebende Hingabe an ihn beinhaltet!
In der Regel ist diese Weise des Gehorsams die Frucht eines längeren geistlichen Weges!
Um uns diese Weise zu lehren begegnen wir in Maria der Milde Gottes. Jeder der sie näher kennenlernt merkt, daß sie bei aller mütterlichen Konsequenz, mit unserer Schwäche doch große Nachsicht übt. In ihr gibt es keine unbarmherzige Härte, sondern sie lockt uns in der Liebe zu einem ständigen vertrauensvollen Hören auf Gott!
Diese Milde, der wir in Maria begegnen, spiegelt die Barmherzigkeit Gottes wieder. Maria ist nicht nur grundsätzliche Gott gegenüber offen, sondern sie hat auch eine große Liebe zu ihren Kindern und ein tiefes Verständnis für die Situation des Menschen: Für seine Größe wie auch für seine Schwachheit und Begrenzung!
So kommt durch die Fürsprache Mariens ein mildes Licht in unser Herz, der Heilige Geist. Er vermag sich unserer Seelenstruktur anzupassen und den Menschen dort zu berühren, wo er ansprechbar ist oder aber, wenn er es noch nicht ist, in nie endender Beharrlichkeit den Menschen zu rufen.
Das Zusammenwirken des Heiligen Geistes mit der Mutter des Herrn, die ja seine Braut ist, erfüllt die Seele! Der Geist schenkt uns Weisung und Licht, die Jungfrau Maria lehrt der Seele, welche ihr vertraut, empfänglich für das Wirken Gottes zu werden, wie sie selbst es ist. Unsere Seele wird dann die Züge Mariens annehmen und ihre Tugenden werden auch unsere Seele schmücken! Wie könnte Gott dann widerstehen?