490. Kleine Vaterbetrachtung
“Göttlicher Vater, unendliche Güte, die sich über alle Völker ergießt, alle Menschen mögen Dich erkennen, verehren und lieben!” (Zweite Antiphon des Vateroffiziums)
Wenn sich der Friede unseres himmlischen Vaters wie ein Tau auf die Erde ausbreitet und in die Seelen einzukehren vermag; wenn sie Gott zu erkennen, verehren und lieben beginnen, werden sie auch empfänglich für seine Güte, die er über alle Völker ergießt.
Jesus sagt: “Niemand ist gut, nur der eine Gott!” (Mk 10,18), und verweist damit auf die Quelle der Güte selbst, den Vater. Gott ist in sich gut, ohne Schatten oder Makel. Deshalb kann sich die Güte von ihm ausgehend unentwegt über alle Völker ergießen. Nie wird das aufhören, weil es das Wesen Gottes ist, gut zu sein und anderen Anteil an dieser Güte zu schenken. In gewisser Weise kann Gott gar nicht anders, als seine Güte zu veräußern, denn diese drängt zu seiner Schöpfung hin und findet Aufnahme bei jenen, die darauf antworten.
Der Völkerapostel sagt einmal, daß auf ihm »ein Zwang« liege (1 Kor 9,16), das Evangelium zu verkünden. Dieser Zwang ist die Liebe, die ihn drängt, unermüdlich das Evangelium zu verkünden. Der Heilige Paulus war also gewissermaßen ein »Gefangener der Liebe«.
So können wir uns das auch bei unserem geliebten Vater vorstellen. Er, der die Freiheit selbst ist; er, der die Güte selbst ist; er, der die Liebe selbst ist, macht sich zum »Gefangenen der Liebe« zu seiner Schöpfung. Diese Liebe wird er nie verraten, auch wenn der Mensch ihn ablehnt.
Diese Liebe drängt ihn so sehr zu den Menschen, daß er in seinem Sohn zu uns kommt, um uns aus der Verlorenheit zu retten. “Er selbst hat das Opfer gebracht, das Abraham nicht bringen mußte” (aus dem Dreifaltigkeitshymnus). Heute ist das Zeichen seiner nie nachlassenden Güte für alle Völker auf Golgotha errichtet. So ist unser Vater!
“Alle Menschen mögen Dich erkennen, verehren und lieben!”