2 Kön 21,6-14
An dem Tag, da der Herr Elija im Wirbelsturm in den Himmel aufnehmen wollte, ging Elija mit Elischa von Gilgal weg. Elija aber bat ihn: Bleib hier; denn der Herr hat mich an den Jordan gesandt. Elischa erwiderte: So wahr der Herr lebt und so wahr du lebst: Ich verlasse dich nicht. So gingen beide miteinander. Fünfzig Prophetenjünger folgten ihnen und blieben dann seitwärts in einiger Entfernung stehen. Die beiden traten an den Jordan. Hier nahm Elija seinen Mantel, rollte ihn zusammen und schlug mit ihm auf das Wasser. Dieses teilte sich nach beiden Seiten und sie schritten trockenen Fußes hindurch. Als sie drüben angekommen waren, sagte Elija zu Elischa: Sprich eine Bitte aus, die ich dir erfüllen soll, bevor ich von dir weggenommen werde. Elischa antwortete: Möchten mir doch zwei Anteile deines Geistes zufallen. Elija entgegnete: Du hast etwas Schweres erbeten. Wenn du siehst, wie ich von dir weggenommen werde, wird es dir zuteil werden. Sonst aber wird es nicht geschehen. Während sie miteinander gingen und redeten, erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor. Elischa sah es und rief laut: Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und sein Lenker! Als er ihn nicht mehr sah, faßte er sein Gewand und riß es mitten entzwei. Dann hob er den Mantel auf, der Elija entfallen war, kehrte um und trat an das Ufer des Jordan. Er nahm den Mantel, der Elija entfallen war, schlug mit ihm auf das Wasser und rief: Wo ist der Herr, der Gott des Elija? Als er auf das Wasser schlug, teilte es sich nach beiden Seiten und Elischa ging hinüber.
Die Nachfolge des Propheten Elija wird uns hier berichtet, denn Gott ließ sein Volk nicht ohne Propheten! Erst als der Sohn Gottes selbst kam, hörte die Geschichte der alttestamentlichen Propheten auf, da sie in Jesus zur Erfüllung kam! Wahre Propheten, die nach dem Kommen des Herrn Zeugnis ablegen, werden in der Kraft des Heiligen Geistes auf den Messias hinweisen und bekennen, daß Jesus im Fleisch gekommen ist (vgl. 1 Joh 4,2)! Daran wird man ihre Echtheit erkennen!
Zur Zeit des Elija war man noch in der Vorbereitung auf das Kommen des Messias. Elija wußte, daß seine Zeit gekommen war, Abschied zu nehmen, und auch, daß Elischa ihm nachfolgen sollte; Gott hatte es ihm mitgeteilt, und er hatte ja als Zeichen der Berufung seines Nachfolgers den Mantel über Elischa geworfen! Wir erinnern uns, daß er zu Elischa sagte: „Bedenke, was ich an dir getan habe!“ (1 Kön 19,20).
Ihm wurde es noch gestattet, von der Familie Abschied zu nehmen! Jetzt kommt der Moment, in dem die Vollmacht, die Elija von Gott erhalten hat, an seinen Nachfolger übergeht und Gott noch einmal seine Wahl des Elischa bestätigt!
Wenn wir vom Neuen Testament her diese Passage lesen, dann sehen wir die großen Hinweise, die uns schon auf das Kommen und Wirken des Messias gegeben werden! Elischa bittet um zwei Anteile des Geistes seines Lehrers! Die Jünger werden nach dem Tod und der Auferstehung Jesu mit dem Heiligen Geist ausgestattet, also mit dem Geist Jesu, noch besser gesagt: Der Vater und der Sohn senden den Heiligen Geist, in dessen Kraft die Apostel fähig werden, in der Vollmacht des Herrn ihre Mission auszuführen!
Elischa wird Zeuge der Himmelfahrt Elijas, wie die Jünger dann Zeugen der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu werden! Gerade dieser Umstand, Zeugen der Auferstehung zu sein, wird zu einem Kennzeichen der Apostel (vgl. Apg 1,21)!
Jetzt war die Vollmacht, welche Elija von Gott bekam, auf Elischa übergegangen! Mit dem Mantel des Elija tat er dasselbe Zeichen, welches sein Meister vor ihm getan hatte! Elischa war nun nicht mehr Jünger, sondern hatte die Nachfolge Elijas konkret angetreten, wie die Jünger im Neuen Testament nach der Herabkunft des Heiligen Geistes zu Apostel wurden, die nun im Namen Jesu verkündeten und Zeichen und Wunder taten!
Wir sehen, wie sich in den Zeiten des Neuen Testaments in der Fülle das ereignet, was im Alten Testament vorbereitet wurde! Das gilt jedoch nicht nur für die Apostel, sondern der Mantel des Elija ist sozusagen auch auf das ganze Volk Gottes geworfen! Wir haben den Heiligen Geist empfangen, wir sind durch den Glauben Zeugen der Auferstehung! Das Licht, welches durch das Erscheinen des Herrn in diese Welt kam, ist ungleich größer als das Licht, in dem Elija und Elischa lebten, denken wir nur an die Heilige Eucharistie, ein unvergleichliches Geschenk des Herrn!
Als Volk Gottes sind wir insgesamt ein prophetisches Zeichen, welches das Kommen Jesu in dieser Welt bezeugt und gleichzeitig die Vollendung am Ende der Zeiten verkündet, wenn Jesus wiederkommt!
Elija führte die Israeliten, die sich im Götzendienst verirrt hatten, wieder zum rechten Glauben zurück (vgl. 1 Kön 18,20-39). Heute verirren sich auch viele Menschen und kennen Gott nicht richtig. Wenn wir entsprechend dem uns anvertrauten Auftrag leben würden, dann müßten die Menschen durch unser Zeugnis eine Begegnung mit dem lebendigen Gott haben können, denn sein Geist ist ja in uns eingegossen (vgl. Röm 5,5)!
Wenn wir also in der Nachfolge des Herrn eine Gnade empfangen haben, die noch über das hinausgeht, was die Propheten von Gott anvertraut bekamen: was hindert uns noch, den Mantel des Elija zu ergreifen, ihn auf den Jordan zu schlagen und zu sehen, wie sich das Wasser teilt? Dann gehen wir auf trockenem Land durch die Fluten dieser Welt hindurch, fest an der Hand Gottes, und tun das, was der Herr von uns möchte: Zeugen der Liebe unseres Vaters zu sein und so zu helfen, daß die Menschen Gott und damit das wahre Leben finden!