(Tagestext: Joh 13,21-38)
Welch furchtbarer Satz, in dem sich menschliche Abgründe auftun! Die Liebe verraten, den Freund verraten, den Meister und Herrn verraten!
Es wagte wohl niemand, Jesus zu fragen – außer Johannes, der Jünger, welcher mit dem Herrn besonders vertraut war und dem Petrus zunickte, es zu tun! Das Herz des Johannes war rein und dem Herrn ungeteilt zugetan! Er konnte diese Frage stellen, die alle so ratlos gemacht hatte! Einer, der liebt und dessen Herz reiner geworden ist, kann auch dem Schatten ins Gesicht blicken und braucht sich vor ihm nicht zu verbergen! So lehnte sich Johannes an die Brust Jesu und fragte: „Wer ist es?“ Diese Geste der Liebe und Vertrautheit war rein und echt, anders als der Kuß des Verräters, der im Dienst der Bosheit mißbraucht wurde!
Die Bosheit des Verräters reift aus, der Satan ergreift Besitz von ihm und macht ihn zu seinem Werkzeug! Judas kann und will es nicht mehr aufhalten; die böse Absicht, die aus seiner Begierlichkeit und anderen Gründen erwuchs, wird zur bösen Tat!
Jesus weiß dies. Er weiß, daß Judas nicht mehr umkehren wird, daß weder das gemeinsame Mahl noch seine an ihn gerichteten Worte vor der Gefangennahme ihn noch erreichen konnten! Judas ist zum Knecht des Bösen geworden! Der Verrat wird geschehen: „Was du tun willst, das tue bald!“ sagt ihm der Herr!
Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht; jetzt erfüllt er den Willen des Vaters bis zu seinem Ende am Kreuz! Jetzt wird der Herr die Seinen erlösen und alle zu sich rufen, daß auch sie erlöst werden! Jetzt demonstriert die Bosheit ihre Macht und ist doch machtlos gegenüber der Liebe Gottes! Jetzt glaubt der Satan zu triumphieren und wird doch nur zum „betrogenen Betrüger“ (Hymnos Akathistos). In der Stunde der Finsternis leuchtet das Licht Gottes strahlend hell in der Hingabe des Sohnes an den Willen des Vaters auf, in der Erfüllung des Werkes, das Gott ihm aufgetragen hat!
Gott ist in ihm verherrlicht, denn alles entsteht aus dem Willen des Vaters, all die Weisheit, die sich uns im Glauben erschließt, in der die Selbsthingabe Gottes zum untrüglichen Beweis seiner Liebe zu uns Menschen wird!
„Einer wird mich verraten!“, ein anderer wird ihn dreimal verleugnen! Doch dieser kehrt um, bereut und wird vom Herrn noch tiefer aufgenommen und dann gesendet! Der andere bereut nicht – und er wird das Gericht an sich selbst vollziehen!